Donnerstag, 12. Juli 2018

"Elsa", Kapitel 11

Tylers Pinup by Jodee
(Bild von Jodee)

Dr. Leidenberg sass hinter seinem Schreibtisch.
Vis-vis von ihm sass dieses kleine, mollige Mäd-
chen, das auf Kokain war und irgendwann, wäh-
rend der Sitzung, begann, ihm Honig um den
Bart zu schmieren. Er fühlte sich unsicher, aber
sie war seine Patientin, und er wurde dafür bezahlt,
ihr zu helfen. Ihre Geschichte begann in seinen
Notizen und in seinem Kopf Gestalt anzunehmen.
"Um von den Drogen weg zu kommen", erzählte
er, "ist zuerst mal eine Entziehungskur notwendig.
Je früher diese anfängt, um so besser. Allerdings
wird sie, vor allem zu Beginn, nicht sehr angenehm
sein. Sie werden mit heftigen Entzugserscheinun-
gen zu rechnen haben. Wollen Sie das auf sich
nehmen?"
"Gibt es keine Alternative?"
"Nein. Keine."
"Werden Sie während dieser Kur in der Nähe sein?"
Sie ergriff seine Hand und streichelte sie.
"Ich werde die Kur überwachen", antwortete Dr.
Leidenberg. "Die erste Zeit werden Sie keinen Kon-
takt zur Aussenwelt haben. Dieser wird erst danach,
schrittweise, wieder aufgebaut."
"Komm' ich in Einzelhaft?"
"Nein. Sie kommen auf die Drogenstation der Psy-
chiatrischen Klinik. Dort werden Sie nicht alleine
sein."
"Na gut", seufzte sie. "Darf ich mich vorher von ein
paar Leuten verabschieden?"
"Wann können Sie die Kur antreten?"
"Uebermorgen."
"Um neun Uhr morgens wird Sie ein Fahrer der Psy-
chiatrischen Klinik zuhause abholen."
Elsa war damit einverstanden, verabschiedete sich
und ging.

Gegen Abend rief sie im Tanzschuppen an.
"Chef, ich kann heute leider nicht kommen."
"Was? Warum nicht? Du bist mein bestes Pferd im
Stall!"
"Ich kann gar nicht mehr kommen. Ich trete über-
morgen eine Entziehungskur an."
"Na und? Uebermorgen ist noch nicht heute!"
"Es gibt da noch ein anderes Problem, Chef. Ich
hab' HIV."
"Was? Willst du mich verarschen?"
"Ich trag' das Virus in mir."
"O Scheisse! Hätt' ich bloss nicht..." Er brach ab.
Das wollte er gar nicht sagen.
"Hätten Sie was nicht?" fragte Elsa.
Er hängte auf. Elsa aber wurde nun einiges klar.
Sie eilte zum Klo und erbrach sich in die Schüs-
sel.

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