Mittwoch, 14. August 2013

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 14.8.2013

Am Freitag ging meine Zeit in dem Arbeitsprogramm zu Ende. Ich war
nur für einen Monat dort angemeldet, weil meine Beraterin fand, das
würde genügen. Normalerweise dauert solch ein Programm drei
Monate. Das hingegen fand sie zu lange. Ich wusste nicht so recht,$
was ich von ihrem Entscheid, mich nur für einen Monat dort hinein
zu stecken, halten sollte, ob ich dies positiv oder negativ verstehen
sollte. Bei meinem letzten Termin mit ihr konnte sie mir ihre Beweg-
gründe erklären, denen zufolge sie drei Monate allgemein für zu lang
hält. Das, was für mich wichtig war, das konnte ich dort in diesem
Monat erledigen. Das war vor allem eine Aktualisierung meines
Lebenslaufes, die brachte ich allein nicht zustande, dort wurde mir
geholfen. Die Arbeit selber war in einer Werkstatt, wobei ich öfters
merkte, dass ich handwerklich nun mal leider eher ungeschickt bin.
Im Grossen und Ganzen war es doch eine gute Sache, dennoch war
ich während dieses Monats manchmal etwas schwermütig. Das lag
aber nicht an der Arbeit, sondern an mir, besser gesagt: an meiner
Erinnerung. Vor vielen Jahren war ich schon einmal in einem Pro-
gramm, genau im selben Gebäude. Damals lernte ich dort meine
heute beste Kollegin kennen, die ebenfalls in diesem Gebäude, aber
in einem anderen Programm, arbeitete. Beide der damaligen Program-
me wurden inzwischen ausgelagert, der Name der Programme hat
sich inzwischen auch geändert. Was mich etwas schwermütig werden
liess, war, dass damals dort mehr Leben herrschte. Da war ein Trei-
ben und Gehen auf den Gängen, man lernte einander kennen, auch
über das eigene Programm hinweg. Im Vergleich dazu schien es mir
dort inzwischen beinahe wie ausgestorben. Damals arbeitete ich dort
mit einem Iraner und einem türkischen Kurden zusammen, beide
waren Kommunisten, der Kurde war noch dazu Atheist. Damals
hatte der in der Türkei kaum eine andere Möglichkeit, als zu flüchten
und sich irgendwo eine neue Existenz auszubauen. Einmal, als wir in
der Pause waren und kein Stuhl mehr für mich übrig war, rutschte
der Iraner auf seinem Stuhl und meinte, ich solle mich zu ihm auf
diesen setzen.
"Dann hast du doch aber selber kaum Platz", meinte ich.
"Der ist Kommunist", warf der Kurde ein. "Der ist sich das gewöhnt."

An solchen Orten und bei solchen Begebenheiten lernt man Freunde
kennen. Im Laufe meines Lebens kam es zu einigen Freundschaften,
einige halten noch heute an, andere leider nicht. Mein erster Freund
im Kindergarten stammte aus einer Eisenbahnerfamilie und wollte
Lokführer werden, konnte dies aber wegen eines angeborenen Hör-
fehlers nicht. Er ging später dennoch zur Bahn, nur halt nicht in den
Lokführerstand, sondern in's Büro. Wir waren beide ziemliche Aus-
senseiter, und vielleicht war das genau der Grund, warum wir uns
so gut verstanden.
Dann kam- gegen Ende der Schulzeit- die Zeit, da ich mich für das
andere Geschlecht zu interessieren begann. Das Mädchen aus der
Klasse, das ich in's Auge gefasst hätte, hatte allerdings nicht mich,
sondern den Platzhirsch unserer Klasse in's Auge gefasst, der hin-
gegen wiederum mit einem anderen Mädchen aus der Klasse liiert
war. So kann's gehen. Ich war bereits 20, als ich meine erste
Freundin kennen lernte.
Während des 10. Schuljahres lernte ich einen Jungen kennen, den
ich heute noch immer zu meinen Freunden zählen würde, einen sehr
talentierten Musiker, der heute mit einer Bluesband auf der Bühne
steht und sich sein Geld als Musiklehrer verdient.
Während der Lehre lernte ich einen neun Jahre älteren Mann kennen,
der mich plötzlich ansprach, weil er erfahren hatte, dass ich Country-
Musik mag. "Kennst du den...?" "Was hältst du von...?"...Etwa so
klang es damals bei uns. Ich stellte ihm die Frage, dich immer den-
jenigen stelle, die behaupten, sie würden sich in der amerikanischen
Musik gut auskennen: "Kennst du Townes Van Zandt?" Er war einer
von vielleicht zwei oder drei Personen, die Townes Van Zandt nicht
nur kennen, sondern sogar schätzen, und schon von daher hat er bei
mir einen Platz im Herzen gefunden.
Andere Freundschaften hielten leider nicht. Da gab es z.B. einen
Jungen, mit dem ich arbeitete, der konnte es nicht verkraften, dass
ich niemals mit ihm an ein Eishockeypiel kommen würde, also
löste er den Kontakt gleich ganz und offiziell, samt Ankündigung,
auf. Ein anderer Freund erwischte mich telefonisch nie, ich ihn
auch nie, und irgendwann gaben es wohl beide auf, und die Spuren
verloren sich. Auch so kann's gehen.
Und dann die Beziehungen. Meine erste Freundin...das dauerte nur
gerade eine Woche. Ich war 20, sie 16, und, obschon es nur vier
Jahre waren, hielten ihre Eltern den Altersunterschied für zu pro-
blematisch, weshalb sie damals Schluss machte. Einige folgten
auf sie, bis ich schliesslich meine heutige Freundin kennen lernte,
von der ich hoffe, dass sie diejenige für's Leben ist. Wie's aussieht,
kann dieser Wunsch durchaus in Erfüllung gehen. Toi, toi, toi.

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