Platz. Sie versetzen uns immer wieder in Erstaunen."
(John-David Bauder: "Der Waschbär schläft hinter
dem Ofen")
Letzte Woche kam eine Schnupperlehrtochter in den
Zoo, in dem ich zur Zeit arbeite, und am Freitag hat-
te ich das Vergnügen, mit ihr zusammen im Vivarium
zu arbeiten. Es ist zwar nur ein kleines Vivarium, aber
immerhin ein Vivarium, und erst noch eines mit inte-
ressanten Tieren. Jedenfalls meiner Meinung nach.
Leider wird meine Begeisterung für die krabbelnden
und kriechenden Tiere im Vivarium nicht von allen
geteilt. So kam es schon mal vor, dass ein Junge, der
eigentlich arbeiten sollte, sich stattdessen verkroch,
da er eine Insektenphobie hätte. Ich selber fürchte mich
etwas vor Papageien, was für mich aber kein Grund ist,
nicht zu den Papageien rein zu gehen und meine Arbeit
zu machen. Gerade die Tiere, die uns Angst machen,
sind diejenigen, mit denen wir uns besonders auseinan-
dersetzen sollten.
Bevor wir am Freitag ins Vivarium gingen, fragte ich
diese Schnupperlehrtochter, ob es dort Tiere gäbe, vor
denen sie Angst hätte. Sie antwortete: "Die Spinne".

Dabei handelt es sich um eine Rotknievogelspinne,
die im Allgemeinen friedlich ist und sogar als The-
rapiespinne eingesetzt wird. Manchmal kommt es
vor, dass sie aus dem Terrarium genommen und den
Leuten auf die Hände gesetzt wird. Das tat ich bei
ihr allerdings nicht. Erstens habe ich keine Erfahrung
damit, zweitens muss ich bei der Spinne vorsichtig
sein, da ich auf Bienen leicht allergisch reagiere.
Und der Biss einer Rotknie ist einem Wespenstich ver-
gleichbar, schmerzhaft, aber für Menschen ungefährlich,
es sei denn, man ist allergisch. Was ich ihr aber zeigte,
war eine Häutung dieser Spinne, von der ich wollte, dass
sie diese berührt. Sie sträubte sich zuerst, doch konnte
ich sie überreden, dass sie wenigstens kurz mit der Finger-
spitze einen Teil davon berührt. Als sie sich diesen Ruck
gegeben hatte, schien sie sehr überrascht, wie flauschig
sich das anfühlt, sehr angenehm, fast wie ein Plüschtier.
Klar, eine Spinne ist kein Streicheltier, aber gerade dies
macht sie so interessant. Spinnen sind die erfolgreichsten
Jäger in der Tierwelt und sehr nützlich, da ihre Beute aus
Insekten besteht, die aus unserer Sicht oft schädlich oder
lästig sind. Man denke nur an die Mücken, die unseren
heimischen Kreuzspinnen ins Netz gehen.
Dieses Mädchen jedenfalls- und das gelingt längst nicht
allen- ist über seinen Schatten gesprungen und kann stolz
auf sich sein. Wer weiss, hätte man am Montag bereits
damit begonnen, diese Häutung hervorzuholen, vielleicht
hätte sie am Freitag die ganze Häutung auf der Hand ge-
halten...
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