Samstag, 3. März 2018

Geschlossene Abteilung, Kapitel 2

In der Nacht ging es wieder los. Philipp lag wach im Bett,
von Augusts Bett her kam ein ächzendes Stöhnen.
"Lass das bitte", knurrte Philipp leise. August hielt inne.
"Hey, ich hab' gerad' 'nen Steifen wie schon lange nicht
mehr", sagte er. "Willst du, dass mir nachher die Eier
wehtun?"
"Ich will nur eins: Schlafen."
"Na gut, dann schlaf halt, du Penner." Und dann begann
er, ein altes Lied aus dem amerikanischen Süden anzu-
stimmen:
               "Sleep, baby, sleep
                Close your big bright eyes
                Listen to your mother, dear
                While singing lullabies."
Nach diesen Zeilen drehte er sich zur Seite und verhielt
sich ruhig, bis er schliesslich selbst einschlief, noch vor
Philipp. August begann zu schnarchen.
"Jetzt reicht's", sagte Philipp leise zu sich selber und
schlich sich aus dem Zimmer. Er versuchte, die Tür des
Zimmers nebenan zu öffnen und merkte, dass diese nicht
geschlossen war. Er schlich sich rein und legte sich ins
erstbeste Bett, das er vorfand. Zwar merkte er, dass in die-
sem Bett schon jemand lag, aber in diesem Moment war
ihm das egal, es war ihm auch egal, um wen es sich bei
der betreffenden Person handelte, ob es ein Mann oder
eine Frau war. Er wollte einfach nur in ein warmes Bett
in einem Zimmer, in dem es ruhig war. Zu zweit in einem
Einzelbett, das war nun aber doch etwas eng, und deshalb
rutschte er doch recht nahe an die andere Person heran,
dabei merkte er, dass es sich um ein Mädchen handelte.
Vorsichtig legte er ihr seinen Arm um die Taille, sie war
leicht mollig, aber nicht dick. Sie schien nichts zu bemer-
ken, jedenfalls blieb sie ruhig liegen. In diesem Moment
kam die Nachtschwester auf ihrem Kontrollgang vorbei,
sie öffnete die Tür und stiess einen halberstickten Schrei
aus. "Was, bitte, hat das zu bedeuten?" fragte sie streng.
Philipp und das Mädchen sassen plötzlich aufrecht im Bett.
Das Mädchen schrie nicht, es blieb ganz ruhig, als ob nichts
gewesen wäre, und jetzt merkte Philipp auch, dass es wahr-
scheinlich schon die ganze Zeit über wach gelegen hatte.
"Es ist nicht so, wie Sie denken", versuchte er sich zu vertei-
digen, doch die Schwester hatte kein Musikgehör dafür.
"Zurück auf Ihr Zimmer!" schrie sie.
Monika Neuenschwander blieb alleine zurück.

Als Philipp am nächsten Tag im Aufenthaltsraum sass und
eine Zeitung las, merkte er, dass Monika auf ihn zukam.
'Was nun?' dachte er. 'Wie soll ich ihr das von gestern nacht
bloss erklären?'
Sie kam näher. "Hey", sagte sie.
"Hey", sagte er. "Hör mal, wegen letzter Nacht... Es tut mir
leid, was da passier ist. Also, ich weiss, ich hätte das nicht
tun sollen..."
Sie setzte sich neben ihn und gab ihm einen zarten Kuss auf
die Wange. "Danke", sagte sie. "Es war schön letzte Nacht."
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Er blickte sie ungläubig an. Sie lächelte. "Wie heisst du?"
fragte sie.
"Philipp", antwortete er. "Und du?"
"Monika."
Nun lächelte Philipp auch. Er hatte endlich Anschluss gefun-
den.

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