Montag, 19. August 2019

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 19.8.2019

Der Wolf, so heisst es zumindest in den Köpfen
unserer Landwirte, ist ein Schädling, der unsere
Nutztiere tötet. Auch wenn durchaus Schafe und
Ziegen dem Wolf zum Opfer fallen, bewegen wir
uns auch hier mal wieder auf dem Gebiet der vie-
len Irrtümer und Halbwahrheiten, die über Tiere
existieren. Wölfe können nämlich durchaus sogar
für die Landwirtschaft von Nutzen sein. Mehr da-
zu weiter unten in vorliegendem Text.
Bildergebnis für europäischer wolf
Zunächst wollen wir einmal das Verhalten der Wöl-
fe etwas genauer anschauen. Wölfe sind eigentlich
Rudeltiere, die auch im Rudel jagen. Dabei gehen
sie auf Rehe, Hirsche oder so los. Schafe sind meist
Opfer von einzeln umherstreifenden Wölfen, die
aus ihrem Rudel ausgestossen wurden, weil sie sich
gegen eine der strengen Rudelregeln gestellt haben.
Für einen Einzelwolf ist ein Schaf eine leichtere Beu-
te als ein Reh. Rehe rennen weiter, wenn die Wölfe
ein Tier erbeutet haben. Schafe aber haben durch die
Domestizierung ihren Fluchttrieb verloren, bleiben
stehen und grasen weiter. Das Problem ist also zum
Teil menschengemacht.
Eine der strengen Rudelregeln besagt, dass nur das
Alphapaar Nachwuchs zeugt. Dies beugt einerseits
einem zu grossen Rudel vor, das nicht mehr ernährt
werden könnte, als auch der Gefahr von Inzucht.
Der Alpharüde ist der Chef, das Alphaweibchen ist
die Chefin auf der Jagd. Sie entscheidet, welches
Reh oder welcher Hirsch dran glauben muss. Wölfe
haben eine so feine Nase, dass sie das schwächste
Tier in der Herde damit herausfiltern können. Dieses
versuchen sie dann gezielt, von der Herde zu trennen.
Der Betawolf ist der Wächter und Beschützer des Al-
phas. Er untersucht das Fleisch für den Chef, bevor die-
ser drangeht, er überprüft neue Wölfe, die sich dem Ru-
del anschliessen wollen, bevor er sie dem Alpha vorstellt.
Der Beta, nicht der Alpha, ist jener Wolf, der nach aussen
hin aggressiv auftritt. So hat jeder Wolf im Rudel seine
Aufgabe, bis hin zum Omegawolf. Die Omegas sind nicht
etwa die Prügelknaben, wie man oft glaubt, sondern haben
eine sehr wichtige Funktion. Ist die Chefin auf der Jagd,
kümmern sie sich um die Jungtiere.
Das wäre, in groben Zügen, das Rudelleben der Wölfe.
Nun haben wir aber noch keine Antwort auf die Frage, wie
denn die Wölfe der Landwirtschaft nützlich sein könnten.
Da gibt es zwei Gründe. Der erste ist die Hauptbeute des
Wolfs. Wie bitte, wird sich jetzt der eine oder andere den-
ken. Aber die Hauptbeute des Wolfs ist nicht das Schaf oder
die Ziege, auch nicht das Reh. Es ist die Maus. Dadurch,
dass der Wolf Mäuse frisst, ist er aber auch Krankheitsüber-
träger des Fuchsbandwurms, der eigentlich von der Maus
übertragen wird. Jedes fleischfressende Säugetier kann von
diesem Parasiten befallen werden, schliesslich frisst so gut
wie jedes Raubtier auch Mäuse. Das ist die Kehrseite der
Medaille. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb
Wolf und übrigens auch Luchs der Landwirtschaft nutzen
können. Es handelt sich um die einzigen zwei Raubtiere, die
sich an Wildschweine als Beute heranwagen. Und Wild-
schweine können auf den Feldern enorme Schäden anrichten.
Deshalb, liebe Bauern, überlegt euch alle Optionen, bevor ihr
eine Tierart verteufelt...

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