Freitag, 15. Mai 2020

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 15.5.2020

Heute möchte ich einmal ein wenig über Film und Fernsehen
sinnieren. Wir alle hatten in letzter Zeit ja genügend von ge-
rade dieser, um uns mal das Fernsehprogramm ausführlicher
anzuschauen. Ich möchte auf die unterschiedlichen Darstel-
lungen verschiedener Schauspieler eingehen, die den ein-
und denselben Charakter gespielt haben. Damit meine ich
Figuren, die aus der Literatur- und Comicwelt auf die Bild-
schirme oder Leinwände gekommen sind. Sicherlich hat da
jeder seine eigenen Vorlieben und Meinungen, welcher Schau-
spieler welche Figur am besten verkörpert hat, ich tue hier
nur mal meine kund. In diesem Text begnüge ich mich mit
Figuren aus der Kriminallitetatur, die zahlreichen Comic-
filmdarstellungen hebe ich mir für einen späteren Eintrag
auf. Beides zusamnmen zu nehmen würde nämlich den
Rahmen eines solchen Eintrages wohl sprengen, so viele
gäbe es da zu erwähnen...
Krimi: Neuer "Sherlock Holmes"-Roman kommt im Herbst - WELT
Beginnen wir mit dem Klassiker: Sherlock Holmes. Viele
halten Basil Rathbone für den besten Sherlock Holmes
aller Zeiten. Ich finde ihn, ehrlich gesagt, nur mittelmässig.
Mir persönlich war Ronald Howard in dieser Rolle sympa-
thischer. Dass ich mit Robert Downey jr. und Benedict Cum-
berbatch meine Mühe habe, liegt nicht an den Schauspielern-
beide gehören zu meinen Favoriten in anderen Rollen-, son-
dern wohl eher an der Herangehensweise der Regisseure und
Drehbuchautoren. Sherlock Holmes war für mich nie ein
Actionheld wie in den Filmen mit Downey, und er passt ir-
gendwie nicht wirklich in unsere Zeit. Wobei die Serie "Sher-
lock" dieses Konzept um einiges besser umsetzt als die Se-
rie "Elementary", in der Holmes nach Amerika versetzt wurde.
Meine Eltern sind da gerade gegenteiliger Meinung, ich aber
habe nicht nur mit dem Konzept der Serie so meine Mühe,
ich finde auch Johnny Lee Miller als Sherlock Holmes eine
völlige Fehlbesetzung. Nicht, dass Miller ein schlechter
Schauspieler wäre, das ist er keineswegs, aber für den Sher-
lock Holmes finde ich ihn nicht charismatisch genug. Der
meiner Meinung nach beste Sherlock Holmes war ein Kana-
dier, nämlich Matt Frewer, der diese Rolle gerne hätte öfter
spielen können. Frewer kam, meiner Meinung nach, auch
optisch der Beschreibung in Doyles Geschichten sehr nahe.

Father Brown gehört nicht unbedingt zu meinen Lieblings-
figuren, soll als Klassiker aber hier auch erwähnt werden.
Dass dieser britische Klassiker vor allem durch deutsche
Filme mit Heinz Rühmann bei uns bekannt wurde, ist schon
komisch genug. Rühmann schaffte es allerdings nicht nur,
das Humoristisch-Komische an dieser Figur hervorzuheben,
er war vielleicht sogar der einzige namhafte Darsteller, der
für diese Rolle die richtige Körpergrösse hatte, denn die
meisten anderen Darsteller des Father Brown waren für
diese Rolle eigentlich zu gross. Das gilt auch für John Wil-
liams, der ihn ansonsten, meiner Meinung nach, am besten
gespielt hat.

Kommen wir nun zu den legendären Figuren der Agatha
Christie. Viele halten Peter Ustinov für eine Fehlbesetzung
als Hercule Poirot, ich finde aber, Ustinov hat einen an-
ständigen Poirot abgegeben. Ustinov wollte diese Rolle
unbedingt spielen, da er in Poirot einen Geistesverwandten
sah, obschon er für die Rolle zu gross war. Und es war Usti-
nov, der den französischen Akzent für die Rolle des Poirot
salonfähig machte- der Mann hatte die Rolle sogar schon
mal selber synchronisiert, nämlich in "Das Böse unter der
Sonne". Heute ist ein Poirot ohne französischen Akzent
kaum noch vorstellbar, zumal Agatha Christie diesen ei-
gentlich in ihren Büchern vorgegeben hätte.
Albert Finney hatte, meiner Meinung nach, das Wesen von
Poirot nicht verstanden, er spielte ihn zu arrogant. Poirot
mag zwar eine gewisse Arroganz an sich haben und sehr
von sich selber eingenommen sein, aber erstaunlicherweise
ist er, im Gegensatz zu anderen Figuren mit dieser Schwä-
che, stets höflich, korrekt und zuvorkommend.
Über Alfred Molina kann ich leider nichts sagen, da ich des-
sen Darstellung des Poirot nie gesehen habe, Kenneth
Brannagh hingegen habe ich gesehen und fand ihn eine
völlige Fehlbesetzung. Auf John Malkovich als Poirot
habe ich noch nicht einmal Lust- wo ist der Schnurrbart
geblieben? Poirot ohne Schnäuzer, das ist doch wie ein
Krokodil ohne Zähne!
Und jetzt kommen wir endlich zum einzig wirklich ernst
zu nehmenden Poirot-Darsteller: David Suchet. David
Suchet war der einzige, der den Poirot so darstellen konn-
te, wie Agatha Christie ihn beschrieben hatte- der einzige!
Mit Christies anderer grossen Figur, Miss Marple, verhält
es sich ähnlich. Klar, hat Margaret Rutherfords Darstellung
einiges zur Popularität und Beliebtheit von Miss Marple
beigetragen, sie entsprach aber überhaupt nicht Christies
Beschreibung dieser Figur. Geraldine MacEwan kam der
Sache etwas näher, war für die Rolle aber zu klein, und
Angela Lansbury spielte die Rolle, als sie dafür noch gar
nicht alt genug war. Die einzige Schauspielerin, die Aga-
tha Christies Beschreibung der Miss Marple entsprach,
war Joan Hicks.

Die amerikanischen hard-boiled detectives liessen und
lassen den Filmschaffenden eigentlich mehr Freiheiten
zu, da viele dieser Geschichten aus der Sicht der Figur
erzählt wurden und genaue Beschreibungen des Prota-
gonisten daher eher selten sind. Dennoch haben wir
heute ein typisches Bild bspw. eines Philip Marlowe
in unseren Köpfen, das aber durch Hollywood geprägt
ist, durch die Darstellung von Humphrey Bogart, der
sich zahlreiche andere anschlossen, die sich oft so
ähnlich waren, dass man die Darsteller sogar hätte aus-
tauschen können, es hätte kaum eine Rolle gespielt,
ob nun Bogart ober Robert Mitchum diesen oder je-
nen Charakter gespielt hätte. Und dass Mike Hammer
einen Schnurrbart trägt, verdanken wir auch nur der
Darstellung durch Stacy Keach, in Mickey Spillanes
Romanen wird ein solches Markenzeichen nirgendwo
erwähnt. Was zu Mike Hammer aber zu sagen wäre,
ist, dass die Geschichten fürs Fernsehen stark abge-
schwächt wurden, da die Romanvorlagen für zu bru-
tal befunden wurden.

Im Gegensatz zu den meisten anderen amerikanischen
Detektiven lieferte uns Rex Stout für seinen Nero
Wolfe eine ziemlich genaue Beschreibung. Die mei-
sten Darsteller des Nero Wolfe waren für die Rolle
natürlich nicht füllig genug. William Conrad war
zu klein, trotzdem hatte er unsere Vorstellung von
Nero Wolfe geprägt. Conrad spielte Wolfe mit Bart,
in der Buchvorlage war er glattrasiert und ausser-
dem blond. Noch dazu schien Conrad den Charak-
ter Wolfes nicht verstanden zu haben. Er spielte den
Nero Wolfe nämlich sympathisch! Und das, obschon
Conrad ein grandioser Schauspieler war, der Wolfes
dunkle Seiten durchaus hätte rüberbringen können...
Nero Wolfe ist kein sympathischer Mensch, er ist ein
arroganter Exzentriker, ein Arschloch, das sogar seine
Klienten mal anschreit... ganz im Gegensatz zu dem
geduldigen Holmes oder dem stets freundlichen Poirot.
Wolfe wurde zwar nebst Conrad noch von einigen an-
deren Schauspielern verkörpert, aber, wie bei Poirot
und Miss Marple, fand ich auch hier, dass nur einer
diese Rolle wirklich spielen konnte: Maury Chaykin
entsprach nicht nur optisch der Beschreibung am be-
sten, er spielte die Rolle auch als einziger mit der
nötigen Kraft und Bissigkeit. Es ist eine Schande,
dass die Serie mit Chaykin noch immer nicht für
das deutschsprachige Fernsehen entdeckt wurde...
Oder, wie Wolfe sagen würde: "Pfui!"

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