Nachdem ich mir in meinen letzten Texten Gedanken über
Helden und Schurken gemacht habe, möchte ich mich dies-
mal mit jenen Charakteren befassen, bei denen nie so ganz
klar ist, ob sie nun eigentlich das eine oder das andere sind.
Gerne spricht man inzwischen auch von Antihelden, ich
weiss aber nicht, ob dieses Wort so glücklich gewählt ist.
Wenn man sich die Definition des Wortes "Antiheld" auf
Wikipedia durchliest, dann wären sehr viel mehr Figuren
Antihelden als wir denken. Auch Batman würde dann in
diese Kategorie fallen, dessen Heldenrolle aber wohl kei-
ner bezweifeln würde. Deswegen möchte ich nicht von
"Antihelden" schreiben, sondern von "ambivalenten Cha-
rakteren", das trifft es, glaube ich, besser. Und gerade die-
se Ambivalenz ist es ja, was diese Figuren so interessant
macht.
Catwoman begann als normale Schurkenfigur, als Gegen-
spielerin von Batman, eine katzenhafte Diebin und Ein-
brecherin. Irgendwann erkannte Batman, dass Catwoman
nicht per se "böse" ist und liess ihr einiges mehr durch-
gehen, nahm manchmal sogar ihre Hilfe im Kampf gegen
weitaus gefährlichere Gegner in Anspruch. Von der Ro-
manze, die sich zwischen den beiden abzeichnete, möchte
ich gar nicht reden, zumal diese erst in relativ junger Zeit
hinzugefügt wurde. Ob dies der Charakterisierung von Cat-
woman eher zu- oder abträglich war, darüber kann man ge-
teilter Meinung sein. Es machte die Figur vielleicht nicht
wirklich interessanter, aber ganz sicherlich ambivalenter,
und heute weiss man kaum noch, auf welcher Seite Catwo-
man nun eigentlich steht.
Ähnlich verhält es sich mit Harley Quinn. Einerseits kommt
sie irgendwie nicht wirklich vom Joker los, andererseits hilft
sie immer wieder auch, gegen diesen oder andere Schurken
vorzugehen. Ob man ihr aber wirklich trauen kann, das ist
nie so wirklich klar...
Natürlich wären als ambivalente Figuren auch die zahlreichen
Söldner zu nennen, wie DC's Deathstroke oder Marvels Dead-
pool. Sie sind weder gut noch böse, sondern kämpfen für die-
jenigen, die sie bezahlen. Dass sie dies mit Waffengewalt tun,
macht sie allerdings ziemlich suspekt.
Eine extrem suspekte Figur ist meiner Meinung nach der Pu-
nisher, dessen Familie durch einen Bandenkrieg ums Leben
kam und der diese rächt, indem er zahlreiche Gangster ein-
fach abknallt. Der Punisher kann Gegner oder Verbündeter
sein, aber die meisten Helden wie Spider-Man oder Darede-
vil heissen seine Methoden überhaupt nicht gut.
Eine der interessantesten Figuren in diesem Zusammenhang
ist sicherlich der Hulk. Der Hulk ist weder Held noch Schur-
ke, er wird aber von allen Seiten als Bedrohung gesehen und
leidet eigentlich darunter. Der Hulk ist Ausdruck der unter-
drückten Wut des Wissenschaftlers Bruce Banner, der sich
bei Aufregung in den grünen Riesen verwandelt, der dann
Amok läuft, im Grunde genommen sich aber nach Ruhe, Zu-
friedenheit und Zuneigung sehnt. Wer beim Hulk an die Ge-
schichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde denkt, der liegt gar
nicht so falsch; Stan Lee machte nie ein Geheimnis daraus,
dass Stevensons Klassiker eine Hauptinspiration für den
Hulk war. Auch Frankensteins Monster, das von den Men-
schen gefürchtet wurde, im Grunde aber geliebt werden
wollte, war ein klassischer Vorläufer des Hulk.
Zum Schluss möchte ich noch Severus Snape aus den Harry
Potter- Romanen von Joanne K. Rowling erwähnen. Die
ganze Zeit über glaubte der Leser, Snape wäre ein Bösewicht,
bis er im letzten Band als einer der Guten seinen Tod fand.
Allerdings ist es leider schwierig, über Snapes Rolle in dieser
Geschichte zu schreiben, ohne denjenigen, die Harry Potter
noch lesen oder anschauen möchten, zu viel zu verraten- ich
hoffe, ich habe so nicht schon zu viel gespoilert... Die Bücher
gehören zu den am besten geschriebenen der neueren Zeit,
obschon sie oft als "Jugendbücher" abgetan werden; sie sind
durchaus auch für Erwachsene empfehlenswert. Und die Fil-
me sind gerade wegen der Darstellung des Severus Snape
durch den grossartigen Alan Rickman immer wieder sehens-
wert...
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