Montag, 13. Juli 2020

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 13.7.2020

Kingpinm.png
(Zeichnung von David Mazzucchelli)

Bei DC Comics läuft zurzeit das serienübergreifende Crossover-
Event "Das Jahr des Schurken", was heisst, dass einige der
bekannten DC-Schurkenfiguren wohl mal etwas genauer unter
die Lupe genommen werden. Für mich als Comicfan Grund ge-
nug, dieses Jahr mal einige der bekanntesten Schurken aus Co-
mic, Film und Literatur zu analysieren. Klar, das ist eine völlig
subjektive Analyse und keineswegs wissenschaftlich, aber es
könnte durchaus interessant sein. Gerade die 1960er-Jahre wa-
ren eine Zeit, in der Comic-Helden und Schurken sich ein mo-
natliches Stelldichein gaben- Marvel war inzwischen zu einem
ernsthaften Konkurrenten für DC geworden. Und Marvel zeig-
te sich als besonders begabt darin, interessante Charaktere zu
präsentieren. Selbst, wenn es sich dabei um einen auf den er-
sten Blick völlig normalen Gangsterboss wie den Kingpin han-
delt, der 1967 von Stan Lee und John Romita sr. als Gegner
für Spider-Man eingeführt wurde und später durch Frank Mil-
ler zum Erzfeind von Daredevil wurde.
Wilson Fisk ist ein klassischer Verbrecherboss. Gegen aussen
hin ist er ein seriöser Geschäftsmann und Wohltäter, doch in
Wahrheit hat er seine Finger in diversen krummen Geschäften.
Er ist der "Pate" des Marvel-Universums, der "Kingpin des
Verbrechens". Auch wenn er eher aus dem Hintergrund agiert,
sollte dieser Verbrecher keineswegs unterschätzt werden. Er
mag zwar durch seine massige Gestalt eher behäbig erscheinen,
doch der Kingpin ist erstaunlich flink für einen Mann seiner
Statur, ausserdem ist ein exzellenter Ringkämpfer. Seine gröss-
te Stärke, die ihn so gefährlich macht, ist aber sein Organisa-
tionstalent. Er schafft es nicht nur, dem Punisher zu entkom-
men- auf dessen Todesliste er natürlich ganz weit oben steht-,
er hat sogar Daredevils Geheimidentität heraus gefunden und
sich daran gemacht, dessen Leben systematisch zu zerstören.
Er hetzte Bullseye, Elektra und Typhoid Mary gegen seinen
Erzfeind, er hat zahlreiche Verbrecher und sogar einige Wissen-
schaftler auf seiner Lohnliste. Letztere verhalfen durch Expe-
rimente Black Cat zu ihrer Superkraft, ein perfider Plan des
Kingpin, um gegen Spider-Man vorzugehen. Dass der King-
pin auch Mitglied der Terrororganisation HYDRA ist, das ist
eine eher neuere Entwicklung, die aus den Marvel-Verfilmun-
gen und TV-Serien stammt und ihn wohl nur stärker in deren
Kontinuuität einbinden soll. Wo er hingegen tatsächlich Mit-
glied ist, ist in der Verbrechensorganisation Maggia, die von
den Autoren unübersehbar der Mafia nachempfunden wurde.
Innerhalb dieser Organisation hat der Kingpin auch mit eini-
gen Konkurrenten zu kämpfen, die ihm seinen Platz an der
Spitze streitig machen wollen, darunter Silvermane und Ham-
merhead. Und nicht zuletzt sein eigener Sohn Richard, der
sich als Schemer und später als Rose gegen seinen Vater
stellte! Und dann ist da noch Wilsons Frau Vanessa, vor der
er seine kriminellen Aktivitäten verstecken will und der ge-
genüber er eine Zärtlichkeit an den Tag legt, die man von
ihm sonst nicht gewohnt ist. Der Kingpin hat tatsächlich
auch seine sanften Seiten, und das macht die Figur mensch-
licher, sogar ein kleines bisschen sympathisch... Der King-
pin ist wohl einer der realistischsten Schurken des Marvel-
Universums, der aber trotz fehlender Superkräfte eine Ge-
fahr für mehr als nur einen Helden darstellt...

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