Sonntag, 5. Juli 2020
Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 5.7.2020
(Zeichnung von Salvador Larroca)
Bei DC Comics läuft zurzeit das serienübergreifende Crossover-
Event "Das Jahr des Schurken", was heisst, dass einige der
bekannten DC-Schurkenfiguren wohl mal etwas genauer unter
die Lupe genommen werden. Für mich als Comicfan Grund ge-
nug, dieses Jahr mal einige der bekanntesten Schurken aus Co-
mic, Film und Literatur zu analysieren. Klar, das ist eine völlig
subjektive Analyse und keineswegs wissenschaftlich, aber es
könnte durchaus interessant sein. Heute geht es um einen klas-
sischen Marvel-Schurken, der 1964 durch Stan Lee und Don
Heck eingeführt wurde und der sich schon bald zum grössten
Feind von Iron Man entwickeln sollte. Nein, die Rede ist nicht
von Rost, sondern vom Mandarin. Der Mandarin, dessen rich-
tiger Name nie verraten wurde, ist ein Nachfahre des Dschin-
gis Khan und möchte, wie so viele klassische Schurken, die
Welt erobern. Er hat einiges mit Dr. Doom gemeinsam, ebenso
wie dieser ist er nämlich sowohl Magier als auch Wissenschaft-
ler. Während Doom glaubt, durch seine Weltherrschaft auf die-
ser Frieden zu schaffen, geht es beim Mandarin einzig und al-
lein um Machthunger. Sein Vorfahre herrschte einst über einen
Grossteil der Welt, und der Mandarin glaubt, in einer Art Grös-
senwahnsinn, dass ihm diese zusteht. Seine Geschichte als Su-
perschurke begann, als er in einem abgelegenen chinesischen
Tal ein abgestürztes, verlassenes Raumschiff fand. Er machte
sich mit der ausserirdischen Technologie vertraut und entdeck-
te zehn magische Ringe, deren Kräfte er für sich nutzbar mach-
te. Dadurch erst wurde aus dem Mandarin ein Superschurke.
Doch der Mandarin ist mehr als seine Ringe. Er ist ein brillan-
ter Stratege und zählt zu den intelligentesten und gefährlichsten
Schurken des Marvel-Universums. Die Welt betrachtet ihn als
einen Terroristen, und tatsächlich wendet er gerne terroristische
Methoden an. Obschon er durchaus auch im Kampf seinen Mann
steht, agiert er doch lieber aus dem Verborgenen heraus, was es
schwierig macht, den Mandarin zu erwischen. Tatsächlich gibt
es kaum einen Marvel-Schurken, der länger auf freiem Fuss ist
als der Mandarin- vielleicht mit Ausnahme von Dr. Doom, bei
dem es sich aber mit seiner diplomatischen Immunität als König
von Latveria erklären lässt. Als der Mandarin eine Zeit lang für
tot gehalten wurde, nahm sein Sohn Temugin seine Rolle ein, ehe
der echte Mandarin zurückkehrte. Der Mandarin wurde im Lau-
fe der Zeit immer wieder etwas anders dargestellt, doch seine
früheste Darstellung erinnerte an die Figur des Dr. Fu Manchu,
dem er auch nachempfunden war. Der Mandarin, wie er damals
auftrat, wäre heute nicht mehr zeitgemäss und würde möglicher-
weise sogar als rassistisch gelten, so sehr war er am Klischée
des Chinesen orientiert, nur das "r" als "l" fehlte. Aber der Man-
darin war Ausdruck seiner Zeit: Naziverbrecher wie der Red
Skull hatten ausgedient, Amerika hatte längst ein anderes Feind-
bild: den Kommunismus. Der Mandarin war ein Beispiel für
die Angst der Amerikaner vor der "gelben Gefahr". Er versuch-
te immer wieder, Tony "Iron Man" Stark dessen Technologie
streitig zu machen und für seine eigenen Zwecke zu verwenden.
Es ist wohl kein Wunder, dass der Mandarin in den ostasiati-
schen Ländern sehr viel unbeliebter ist als in der westlichen
Welt, und das Auftreten des Mandarins im Film "Iron Man 3"
gab auch in China zu reden. In anderen Teilen der Welt sah
man in der Darstellung von Ben Kingsley zu offensichtliche
Parallelen zu Osama bin Laden. Dass der Mandarin sich im
Film als harmloser Schauspieler herausstellt, der nur in eine
Rolle schlüpfte, mag daran liegen, dass man mit dieser Figur
möglichst niemandem auf die Zehen treten wollte. Marvel-
Fans waren von dieser Version des Mandarins allerdings ent-
täuscht. Allerdings gibt es Gerüchte, dass in einem geplanten
anderen Marvel-Film der echte Mandarin auftauchen solle...
Man darf gespannt sein, wie Marvel diese Knacknuss dies-
mal lösen wird...
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