Samstag, 9. August 2014

Krimi: "Völlig verfressen", Kapitel 7

Aber ich hatte die Rechnung ohne Inspektor Reber gemacht.
Als ich in die Gerechtigkeitsgasse zurückkehrte, wartete die-
ser bereits vor meiner Tür.
"Torso", knurrte er, "ich wünschte, Pforzheimer hätte sie ins
Kittchen gesteckt!"
"Er hatte wohl keinen Grund dazu. Schliesslich bin ich das
Opfer."
"Aber ich habe einen Grund dazu! Inspektor Leuenberger
rief mich vorher an. Sie hätten von der Towers ein kleines,
schwarzes Adressbüchlein mitgenommen. Das ist Zurückhal-
tung von Beweismaterial! Und das ist strafbar! Die Polizei hat
ein Anrecht darauf!"
Ich blickte ihm geradewegs ins Gesicht. Das mochte er gar
nicht. Was vor allem daran lag, dass weder ihm mein noch
mir sein Gesicht besonders gefiel. Nett ausgedrückt: Sehe ich
Inspektor Rebers Gesicht, bin ich mit meinem Hintern doch
recht zufrieden.
"Wer sagt denn, dass dieses Büchlein irgendetwas beweist?"
fragte ich. "Es sind lediglich ein paar Initialen und Telefon-
nummern drin."
Reber lachte triumphierend auf. "Sie geben es also zu!"
"Ich zeige Ihnen das Büchlein sogar", sagte ich, stand auf und
ging es holen. Er blätterte lustlos darin herum, als ob er gar
nicht lesen könnte. Ehrlich gesagt frage ich mich manchmal,
ob er es wirklich kann.
"Okay", begann er, "was heisst I.P.?"
"Integrierte Produktion. Oder Intelligenter Petrug."
"Machen Sie sich nicht lustig über mich! R.S.?"
"Rekrutenschule."
"P.R.?"
"Public Relation."
"Und P.S. wäre dann wohl post scriptum, was?"
"Nein, P.S. bedeutet Pferdestärken. Kommen Sie, Inspektor,
das sind Abkürzungen, die Sie alle kennen!"
"Sie halten sich wohl für besonders schlau! Verraten Sie mir
dann doch mal, was die Telefonnummer mit Pferdestärken
zu tun haben soll!"
"Das weiss ich noch nicht. Aber um Ihre andere Frage zu beant-
worten: Ich halte mich nicht für besonders schlau, ich bin be-
sonders schlau."
Das stimmte zwar nicht, aber die Genugtuung, Inspektor Reber
etwas entgegenzuhalten, liess ich mir nicht entgehen.
"Na schön, Torso", seufzte er und wandte sich zum Gehen. "Das
Büchlein nehme ich mit. Und Sie werden vorläufig die Stadt
nicht verlassen, da Sie, so gut wie alle Anderen, unter Verdacht
stehen. Verstanden?"
"Verstanden, Boss", machte ich zähneknirschend. Um das Büch-
lein war es nicht schade. Die Initialen und Nummern hatte ich
eh schon längst alle rausgeschrieben. Aber mein Plan, eine Zeit
lang bei Betsy Towers im Oberland zu verweilen, wurde dadurch
zunichte gemacht.

                                                                   Fortsetzung folgt...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen