Montag, 11. August 2014

Krimi: "Völlig verfressen", Kapitel 8


Es war mir also nicht möglich, für eine Zeit lang in die Berge
abzuhauen. Weder zu meinem eigenen, noch zu dem Schutz
meiner Klientin. Aber was letzteres betrifft, konnte ich eine
gute Vertretung hinschicken. Edgar Höller, der sich, mit Betsy
Towers' Erlaubnis, in deren Villa einquartierte. Dass ich gerade
Edgar dorthin schickte, hatte zwei Gründe. Erstens kannte er
das Oberland und die Eigenheiten seiner Bewohner, also auch
der reichen Ausländer und Ausländerinnen im mondänen Gstaad.
Zweitens war er der einzige mir bekannte Detektiv, der mit Sicher-
heit nicht auf Karin Trotzer fliegen würde. Edgar fliegt auf gar
keine Frauen. Mir selber blieb nichts anderes übrig, als mich vor
der Schokoladenfabrik auf die Lauer zu legen. Nachdem ich
einige Stellen der Hauswand verwanzt hatte, bezog ich meinen
Posten auf einem der gegenüber liegenden Dächer, mit einer
Fotokamera und allem sonstigem Schnüffler-Zubehör ausgestat-
tet. Kurz nach fünf Uhr, nachdem die meisten Arbeiter die Fab-
rik verlassejn hatten, tat sich endlich etwas. Patrick Rothen trat
aus der Türe und blickte kurz um sich. Da trat ein männliches
Individuum auf ihn zu. Ich schoss ein Bild von ihm. Was aber
nur als Beweisstück für den Notfall geschah. Ich hatte ihn schon
längst erkannt. Diese blondgebleichten Haare waren unverkenn-
bar. Er überreichte Rothen eine Plastikfolie mit einem weissen
Pulver drin.
"Die Arbeiter am Fliessband?" erkundigte er sich.
"Sind absolut vertrauenswürdig", antwortete Rothen. "Einige
von ihnen sind sogar schon vorbestraft."
"Okay. Vergesst nicht, die Kartons speziell zu beschriften. Da-
mit nicht die falschen Hasen in den Handel geraten."
Nun wusste ich genug. Ich packte meine Sachen, wartete, bis
der Blonde ausser Sichtweite und Rothen im Gebäude war,
dann liess ich der Polente einen anonymen Tipp zukommen.
Diese reagierte wie erhofft. Noch am selben Abend führte sie
in der Fabrik eine Razzia durch und entdeckte 25 Kartons mit
Schokohasen, welche mit Kokain gefüllt waren.

Inspektor Reber sah zufrieden aus- jedenfalls zufriedener als
sonst-, als ich ihm in seinem Büro gegenüber sass. Und das,
obschon ich ihm soeben gestanden hatte, das der anonyme Tipp
von mir kam.
"James hat den Mord an Merck gestanden", erzählte er. "Merck
musste sterben, weil er zuviel wusste. Vielleicht war er selber
involviert und hat gedroht, die ganze Sache auffliegen zu lassen.
Oder er hat zu viel herausgefunden. Da es sein Adressbuch war,
tippe ich auf ersteres. Aber nun zurück zu diesen Initialen."
"Sind Sie noch immer nicht dahinter gekommen?"
"P.R. ist klar. Patrick Rothen. I.P.?"
"Irene Piller, die Sekretärin. Die Anderen weiss ich nicht."
"R.S. haben wir rausgefunden. Raymond Schlöter, genannt
'Der Schöne Raymond', der Mann mit den gebleichten Haaren.
Wir haben ihn in unserer Kartei gefunden. Nur, dass er damals
noch dunkle Haare hatte. P.S. könnte einer der involvierten
Fliessbandarbeiter gewesen sein. Wir sind das noch am Ueber-
prüfen. Betsy Towers hatte mit der ganzen Sache nichts zu
tun. Das freut Sie sicher zu hören, was, Torso?"
Ich lachte laut auf. "Bei den Mengen, welche die in sich rein-
stopft, wäre sie schon längst tot, hätte sie von diesen Spezial-
Hasen gegessen", machte ich und verabschiedete mich.

                           Fortsetzung und Schlusskapitel folgt...

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