Montag, 28. September 2015

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 28.9.2015

"Ich bin ein Kind der Erde, ich bin ein Kind des Himmels
Geborgen und frei zugleich
Ganz einmalig und einzigartig und doch ein Teil des Ganzen
Ich bin ein Kind von Himmel und Erde

Ich bin ein Kind der Erde, ich bin ein Kind des Himmels
Jeder Atemzug erinnert mich daran
Dass ich mit allem verbunden bin im grossen Gewebe des
                               Lebens
Ich bin ein Kind von Himmel und Erde"
(Gila Antara: "Ich bin ein Kind der Erde")

Zwei Dinge gingen mir in letzter Zeit öfters durch den Kopf:
Die kommenden Wahlen und die Verbesserungsbedürftigkeit
von Tiergehegen in zoologischen Gärten.
Was die Wahlen betrifft, so habe ich immer noch keine Post
erhalten, abgesehen von Wahlpropaganda-Flugblättern gewisser
Parteien, zumeist gerade jener, die für mich eh nicht wählbar
sind. Also ging ich ins Bundeshaus, um dort mal nachzufragen,
ob ich möglicherweise vergessen wurde. Oder vielleicht kann
man plötzlich nur noch online wählen? Das wäre aber eine Frech-
heit gegenüber all jenen Bürgern, die nicht online sind... Aber
nichts davon ist glücklicherweise der Fall. Wie mir die freundliche
Dame beim Empfang mitteilte, werden die Wahlunterlagen erst
Ende September verschickt. Ich find das zwar etwas knapp,wenn
Mitte Oktober bereits gewählt wird- wählen sollte schliesslich
gut überlegt werden. Etwas schade finde ich, dass eine Partei,
die durchaus auch meine Interessen vertreten könnte, nämlich
die sogenannte Tierpartei, nur im Kanton Zürich vertreten ist.
Da ich aber im Kanton Bern lebe und infolgedessen auch dort
wähle, kann ich den Tieren auf Bundesebene so leider nicht
entgegenkommen. Leider habe ich keine Ahnung, wo diese Tier-
partei politisch sonst steht. Möglicherweise sind deren Mitglie-
der ja zwar gut zu Tieren, aber ansonsten menschenfeindlich
eingestellt... Und eine zweite SVP brauchen wir nun wirklich
nicht! Es scheint sich bei dieser Tierpartei um eine jener kleinen
Nischenparteien zu handeln, die zuerst belächelt werden und
dann plötzlich zeigen, was in ihnen steckt... Die Grünen wurden
zuerst auch als Nischenpartei belächelt, und heute... Heute
zählen sie zu den Parteien, mit denen man rechnen muss, und
dies nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland,
das, als Gerhard Schröder noch Bundeskanzler war, mit Joschka
Fischer sogar schon mal einen grünen Aussenminister hatte!
Warum also nicht auch eine Tierpartei? Es gibt durchaus noch
einiges, das man für die Tiere tun könnte. Letzte Woche- die
letzte meiner zwei Urlaubswochen- besuchte ich zwei kleinere
Zoos in meiner Region. Vormittags besuchte ich den "Seeteufel"
in Studen, das liegt zwischen Lyss und Biel im Berner Seeland.
Dort wollte ich hin, weil mir Jemand erzählt hatte, die würden
ein Krokodil draussen halten. Das konnte ich nicht glauben,
weil Krokodile Kälte nicht ertragen,- mit Ausnahme des
Mississippi-Alligators, der bis um den Gefreierpunkt herum
überleben kann-  deshalb wollte ich das selber überprüfen.
Der "Seeteufel" ist zunächst nicht unbedingt als Zoo zu erken-
nen, den Eingang macht nämlich ein Restaurant, das man durch-
queren muss, um in ein anderes Restaurant, ein Selbstbedienungs-
restaurant zu gelangen, an dessen Kasse man das Ticket für den
Zoo kauft. Und da war es, das Krokodil! Zwar nicht draussen,
sondern im Restaurant- nein,nicht wirklich im Restaurant, son-
dern hinter Glas, zusammen mit Schildkröten und einigen
Fischen. Und es war auch kein Krokodil, sondern ein Brillen-
kaiman, der, wie alle Kaimane, zu den Alligatoren gehört.

Aber alle, die das Tier sahen, vor allem die Kinder, riefen schon
von weitem: "Ein Krokodil! Ein Krokodil!" Obschon das Tier,
wie es sich für einen Zoo gehört, auf einer Infotafel vorgestellt
wird, ist dies im Falle des Brillenkaimans ein durchaus verständ-
licher Fehler. Krokodile und Alligatoren unterscheiden sich
unter anderem dadurch, dass bei Krokodilen bei geschlossenem
Maul auch untere Zähne sichtbar sind, bei Alligatoren nur Zähne
von oben. Der Brillenkaiman bildet aber eine Ausnahme, er
hat die Zahnstellung eines Krokodils, weswegen er auch Kroko-
dilkaiman genannt wird, was dem zoologischen Namen Caiman
crocodylus sogar näher kommt. Ansonsten müsste er ja irgend-
was wie Caiman optikerus oder Caiman fielmannii heissen...
Es gibt zwei Tiere, ein Männchen und ein sehr viel kleineres
Weibchen. Das Männchen lag einfach nur so da, wie das Kroko-
dilartige (oder Krokodilier, wie ein Sammelbegriff heisst) nun
mal so tun, das Weibschen schwamm auf uns Besucher zu und...
stupste sich die Nase am Glas! Hin und wieder hörte man ein
dumpfes und doch lautes Grollen, als ob irgendwo Grossraub-
katzen wären... Aber nein, es war der Kaiman, der dieses Ge-
räusch verursachte, und zwar ohne das Maul dabei aufzutun.
Krokodilier können sehr viele Töne erzeugen, obschon sie
keine Stimmbänder haben- sie machen das mit der Lunge.
Es war sehr erstaunlich, das einmal zu erleben. Ich ass dort
zu Mittag und zwar an einem Tisch mit Sicht auf das Kaiman-
gehege. Jeweils mittwochsnachmittags werden sie gefüttert,
doch leider war ich am falschen Tag dort, nämlich am
Dienstag, das wäre sonst sicher auch interessant geworden.
Wie das wohl vor sich geht? Sicher nicht so, dass der Pfleger
kommt und fragt: "Wer möchte freiwillig an der Kaiman-
fütterung teilnehmen?" und Jeder, der sich meldet, wird
ins Wasser geworfen... Futter kriegen sie jedenfalls sicher
genügend, sonst könnten nicht Fische und Schildkröten
im gleichen Gehege schwimmen, die zählen nämlich zu
der natürlichen Beute von Kaimanen. Das Gehege ist von
einer zweckmässigen Grösse, nicht zu klein, aber auch
nicht allzu gross, doch dürfte es mehr Grünzeug, mehr
Pflanzenmaterial und einen natürlicheren, weicheren
Boden haben, damit es mich vollends überzeugen könnte.
Ein Nest zu bauen, wie dies die Stumpfkrokodile im Berner
Tierpark Dählhölzli tun, dürfte für die Brillenkaimane in
Studen leider kaum möglich sein. Apropos Stumpfkroko-
dile im Dählhölzli: Seit ich weiss, dass sie Eier gelegt
haben, hoffte ich auf Nachwuchs, doch nun sprach ich,
bei einem meiner Besuche dort, mit dem zuständigen
Tierpfleger, der mir erzählte, sie würden die Eier aus
dem Nest nehmen und alle drei bis vier Jahre mal eins
bis drei Eier im Brutkasten ausbrüten, da der Platz für
20 Jungtiere fehlt (so viele Eier legen die nämlich un-
gefähr), dann würde mit anderen Zoos geschaut, wo
Bedarf an Stumpfkrokodilen wäre- und auch, welche
Zoos wie viele ausbrüten. Nun hätte aber Leipzig
dieses Jahr alle 20 Eier im Brutkasten, wodurch euro-
paweit der Bedarf an Stumpfkrokodilnachwuchs wohl
bereits gedeckt wäre. Also wahrscheinlich dieses Jahr
doch keine Jungkrokodile im Dählhölzli... Schade,
muss ich wohl wieder vier Jahre warten.
Der Rest des "Seeteufel"-Zoos war auch sehr sehens-
wert- grosszügige Gehege für Hirsche, Ziegen etc.
und eine ziemlich grosse Streichelwiese mit Zwerg-
ziegen und Schafen. Nur das Servalgehege wage ich,
zu beanstanden! Drei Tiere sah ich, und ich hoffe,
es ist eine Familie, denn das wäre der einzige Grund,
Servale in einer Gruppe zu halten- wie die meisten
Raubkatzen, ausser dem Löwen, ist nämlich auch der
Serval eher ein Einzelgänger. Und doch schien es
ihnen langweilig zu sein, sie tigerten nämlich im
Käfig herum, der auch grösser sein dürfte. Man
nennt dieses Verhalten, wenn Zootiere immer hin
und her laufen, "tigern", weil es bei Tigern in Ge-
fangenschaft erstmals beobachtet wurde, und es
gilt heute als schlechtes Zeichen, wenn Zootiere
dieses Verhalten zeigen. Das wäre nun z.B. ein
Fall für eine Tierpartei!
Nachmittags hatte ich danach noch genügend
Zeit, um mir, da ich schon im Seeland war,
noch den Tierpark von Biel anzuschauen.
Dieser befindet sich auf einer Waldsteigung,
das Ganze heisst "Bözingerberg", und dieser
Tierpark ist frei zugänglich, also Eintritt frei.
Allerdings ist der Weg dorthin schlecht ausge-
schildert. Es ist immer dasselbe, wenn ich in Biel
bin: Ich suche etwas, und es ist fast unmöglich,
es zu finden! Ich wusste, welchen Bus ich nehmen
und wo ich aussteigen musste- Station Taubenloch-,
doch wohin dann? Ich wusste nur, dass ich berg-
auf musste, da gab es aber zwei Strassen bergauf.
Und der Herr, den ich an der Busstation fragte,
schickte mich dann noch prompt die falsche Strasse
hinauf! Der Tierpark ist zwar recht schön, aber
nichts für Leute, die schlecht zu Fuss sind. Sogar
ich, der doch recht gut zu Fuss ist, hätte besser
daran getan, einen Wanderstock mitzunehmen-
und das, obschon der Tierpark gar nicht so weit-
läufig ist! Sehr schön die Gehege der Steinböcke,
Gämsen und Hirsche, sehr gross und den jeweiligen
Tieren angepasst. Ich sah sogar eine Murmeltier-
familie, wahrscheinlich eine der letzten Gelegen-
heiten, bevor sie sich zum Winterschlaf zurück-
ziehen.  Aber auch in diesem Tierpark gäbe es
Verbesserungspotential. Die Eulenvolieren sind
zu klein, und der Waschbär hat kaum wirklich
Wasser in seinem Käfig. Da haben es die Wasch-
bären im Dählhölzli und in Arth-Goldau wirklich
schön. Ueberhaupt sind diese beiden zwei der
besten Zoos, die ich je gesehen habe, auch wenn
Zürich und Basel im Zoorating dieses Jahr vorne
lagen, gleich nach Leipzig (Krokodilverräter!)
und Wien. Aber das Rating hat ja auch ein Eng-
länder gemacht. Was weiss der schon von Zoos
in der Schweiz?!

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