Dienstag, 5. April 2016

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 5.4.2016

"Offenbar ist das ökologische vom ökonomischen Denken
überlagert worden." (Bastien Girod, CH-Politiker)

Als ich in der Ausbildung zum Gärtner war, sahen einige
Mitarbeiter und ich, wie mein Lehrmeister eine Boden-
fräse mühsam vor sich hin schob, obschon es weniger an-
strengend gewesen wäre, den Motor anzulassen, um sie von
einem Ort zum anderen zu bewegen.
"Schau", meinte einer der Gärtner zu mir, "das ist ein Oeko-
loge. Aber kein Oekonom."
"Was ist der Unterschied?" fragte ich. Ich wusste zwar, was
Oekologie, aber noch nicht, was Oekonomie ist. Ich weiss
leider nicht mehr, wie der Gärtner mir den Unterschied er-
klärte, aber ich weiss noch, dass er es sehr verständlich tat,
was ja nicht gerade einfach ist. Schliesslich war ich damals
noch jung und mein Wissen nicht mal halb so gross wie
heute. Gerade weil er in manchen Dingen ökologisch dachte,
war mir mein Lehrmeister- mittlerweile ist er pensioniert-
besonders sympathisch. Heutzutage wird leider allzuoft nur
ökonomisch gedacht und andere, ebenfalls wichtige Dinge
bleiben dabei auf der Strecke. Zwei Beispiele fallen mir dazu
ein: die Reptilienauffangstation in München und René Strick-
lers Raubtierpark im solothurnischen Subingen.

Die Reptilienauffangstation nimmt eine wichtige Rolle ein,
kümmert sie sich doch um Reptilien, die ausgesetzt, aufge-
funden oder beschlagnahmt wurden, und zwar durch Leute,
die sich mit diesen Tieren auskennen. Selbst wenn es sich
"nur" um Schildkröten handelt, normale Tierheime sind mit
solchen Gästen oft überfordert. Ich weiss nicht, wie es in
Deutschland ist, aber in der Schweiz- und dies soll die sehr
wichtige und gute Arbeit der Pfleger und vor allem Pfleger-
innen in unseren Tierheimen keineswegs schmälern- sind
die meisten, die den Tierpflegerberuf ergreifen, weiblich
und- so scheint es mir manchmal- erstmal stark am Streichel-
faktor interesssiert, auch wenn sich dies im Verlauf der Aus-
bildung sicher noch ändert. Diese Menschen kennen sich
bei Katzen und Hunden hervorragend aus, aber nicht unbe-
dingst bei Echsen, Schildkröten oder Schlangen. Deswe-
gen ist so eine Reptilienauffangstation wie jene in München
von grosser Wichtigkeit. In den meisten anderen Städten
fehlt eine solche Einrichtung. So ist es kein Wunder, dass
jene in München an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt ist.
Sie muss anbauen und, damit sie dies kann, umziehen.
Und hier kommt die vermaledeite Oekonomie ins Spiel:
Es fehlt an Geld. Zunächst sicherten die Behörden ihre
Unterstützung zu, doch dann krebsten sie zurück, wurde
ihnen das Projekt dann doch zu teuer. Die Station hätte
Insolvenz anmelden müssen- und was wäre dann mit den
Tieren geschehen? Dank Spenden konnte die Pleite gerade
noch abgewendet werden, aber wie geht es weiter?
Schildkröten oder Echsen mögen noch einigermassen ver-
mittelbar sein, verglichen mit den Tieren, die im solothur-
nischen Subingen gehalten werden, in René Stricklers
Raubtierpark. Hier geht es um Löwen, Tiger, Bären und
ähnliche Kaliber, vorwiegend aber Grosskatzen. Auch
der Raubtierpark könnte bald vor der Schliessung stehen.
Und wo kommen die Tiere dann hin? Ausser den Löwen
sind alle Grosskatzen Einzelgänger und Zoos, welche Ti-
ger oder Leoparden halten haben bereits ihren Bestand,
meistens ein Paar, mehr ist nicht drin. Und selbst Löwen
können nicht einfach so in eine bestehende Gruppe ge-
setzt werden...Jene Zoos, die bislang keine Grosskatzen
hielten, müssten, um solche übernehmen zu können, erst
die erforderlichen Anlagen bauen können, was nicht nur
wiederum Geld kostet, sondern vor allem auch mehr Zeit,
als Strickler von den Behörden noch gegeben wird.
Müsste der Raubtierpark tatsächlich schliessen, ohne dass
die Tiere umplatziert werden konnten- was wiederum das
Einverständnis jener Zoos braucht, die für die jeweiligen
Tierarten das Zuchtbuch führen, eine weiter, hier aller-
dings notwendige Hürde-, was bleibt als einzige Möglich-
keit noch übrig? Nur noch die Einschläferung der Tiere!
Klar, dass Strickler, der als ehemaliger Raubtierdompteur
eine besonders innige Beziehung zu seinen Tieren hat,
sich mit Händen und Füssen dagegen wehrt. Ich wünsche
ihm dabei viel Glück und hoffe das Beste für seine Tiere
und dass für einmal das ökonomische Denken dem gesun-
den Menschenverstand Platz machen wird. ROAARR!

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