Dienstag, 13. November 2018

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 13.11.2018

"Das Gewissen des Volkes steckt nicht unbedingt
im Kopf des Staates." (Stanislaw Jerzy Lec)

Vor einiger Zeit schrieb ich an dieser Stelle be-
reits über die Hornkuhinitiative, diesmal befasse
ich mich mit den zwei anderen nationalen Vorla-
gen, über die wir Schweizer diesen Monat an der
Urne zu befinden haben. Bei einer Vorlage geht
es um die Frage, ob und inwieweit Sozialhilfe-
und Invalidenversicherungsanwärter durch Privat-
detektive überwacht werden dürfen, um Betrugs-
fälle zu vermeiden. Allein dass eine solche Frage
aufkommt, ist ein Armutszeugnis, und das meine
ich nicht in finanzieller Hinsicht. Die Frage allein
legt nahe, dass tatsächlich Betrugsfälle vorgekom-
men sind und wahrscheinlich auch weiterhin vor-
kommen, unabhängig davon, wie an der Urne ent-
schieden wird. Und das bei uns Schweizern, einem
Volk, das doch so viel auf Treu und Glauben hält!
Gelackmeiert sind dabei so oder so wieder dieje-
nigen, die ehrlich sind, denn die haben die Konse-
quenzen genau so mitzutragen, wie jene, die ihnen
das eingebrockt haben! Was heisst, dass es auch
für die Ehrlichen noch schwieriger wird, selbst
wenn sie laut gesundem Menschenverstand Unter-
stützung zugute hätten, diese auch zu erhalten.
Es ist schwierig: Einerseits sind wir so stolz auf
unseren Sozialstaat, andererseits wissen wir aber
auch, dass er nicht frei von Fehlern, eben gewis-
sen Möglichkeiten, ihn zu betrügen ist... Und was
ist das Resultat? Wir hebeln ihn aus, den Sozial-
staat. Wir kürzen die Sozialleistungen, wir sind
per se erst mal misstrauisch, anstatt dann, wenn
ein Verdacht auftaucht. Und wer entscheidet, wann
ein Verdacht gerechtferigt ist? Ein Gericht.
Bildergebnis für richter ulrich wetzel
Um Gericht geht es auch in der anderen Initiative,
die sogar noch schwieriger und kontroverser ist,
denn hier könnte gar internationales Recht mit-
spielen. Es geht um die sogenannte Selbstbestim-
mungsinitiative, in den Medien kurz SBI genannt.
Diese möchte, dass nationales Recht Vorrang vor
internationalem Recht hat, damit Volksentscheide
auch wirklich durchgesetzt werden können. Die
Initiative wurde von unserer grössten Rechtspar-
tei- und hier meine ich rechts nicht im juristischen
Sinne- lanciert, da ihrer Meinung nach die Massen-
einwanderungsinitiative, damals kurz MEI genannt,
nicht nach dem Volkswillen umgesetzt worden sei.
Was von Anfang an eigentlich zu erwarten war, da
es nun mal internationale Gesetze, Verpflichtungen
und Verträge gibt, die durchaus ihre Berechtigung
haben. Sie sollen für internationalen Frieden, für
internationalen Handel etc.etc. sorgen und dafür
sorgen, dass Völker und Länder gemeinsam Hand
in Hand agieren können. Da ist es doch klar, dass
diese internationalen Rechte höher zu werten sind
als die nationalen! Dass auch das Asylrecht hier
eine Rolle spielt, ist ein wichtiger Aspekt, der nicht
übergangen werden darf: Gerade hier kommen die
Länder nur mit internationaler Zusammenarbeit
überhaupt erst zu irgendwelchen Lösungen! Wo
kämen wir denn hin, wenn all das, was die Staaten-
gemeinschaften lange aufgebaut haben, plötzlich
nichtig würde? Hätten wir plötzlich Zustände wie
im Dritten Reich? Ist es das, was die SVP in der
Schweiz oder die AfD in Deutschland wollen?
Es gibt in beiden Parteien Leute, die mehrere Spra-
chen beherrschen, die um die Welt geflogen sind...
Ich selber kann nur deutsch und englisch und traue
mich nicht in ein Flugzeug, manchmal sind mir
schon Zugreisen nach Deutschland zu viel... Und
doch, kommt es mir vor, scheine ich, zumindest
im Denken, mehr Weltbürger zu sein als jeder ein-
zelne von denen...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen