Donnerstag, 14. November 2019

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 14.11.2019

"Ist es noch Satire oder ist es schon Politik?" (Urban Priol)
Bildergebnis für urban priol
Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen Comedy, Kabarett
und Satire? Das frage ich mich, als komikbegeisterter Mensch,
manchmal tatsächlich. Früher gab es diese Unterscheidung,
zumindest in der Schweiz, gar nicht. Ob die eher flache Unter-
haltung durch Peach Weber und Marcocello oder die niveau-
vollere Kleinkunst von Franz Hohler, in der Schweiz wurde
damals alles Cabaret genannt. Nicht zu verwechseln mit den
gleichnamigen erotisch aufgeladenen Nachtclubs. Der Schwei-
zer, der ja in einem viersprachigen Land lebt, verdeutscht die
französisch-stämmigen Worte halt nur nicht so sehr, wie dies
die Deutschen tun. Bei den Deutschen wurde aus Cabaret
Kabarett. Eigentlich gar nicht mal so blöd, weil dadurch Ver-
wechslungen vermieden wurden. Inzwischen ist auch die
Stand-Up-Comedy nach amerikanischem Vorbild im deutsch-
sprachigen Raum angekommen und dies sogar sehr erfolg-
reich. Dabei waren die Vorreiter schon vor Jahrzehnten be-
reits da, auch im deutschsprachigen Raum. Heinz Erhardt
zum Beispiel. Auch Jürgen von der Lippe kann durchaus
zu den Vorreitern gezählt werden. Die stehen (oder standen,
in Erhardts Fall) auf der Bühne, erzählen etwas aus dem
alltäglichen Leben, egal ob wahr oder fiktiv, und bringen
durch ihren Humor das Publikum zum Lachen. Das ist
Stand-Up-Comedy, wie es der Name schon sagt. Comedy,
hat mal ein deutscher Komiker gesagt, geht vom Alltägli-
chen aus, nicht vom Politischen, und sie wertet nicht. Sie
macht sich zwar lustig, bleibt aber neutral. Ich weiss nicht
mehr, welcher Komiker das so erklärt hat, glaube aber, dass
es Johann König war. Im Gegenatz dazu ist Satire politisch.
Das macht Satire aus. Satire ist politisch, sie ist bitterböse,
sie überspitzt und übertreibt und hält gerade dadurch der
Politik einen Spiegel hin. Satire darf sogar beleidigend
sein, Satire darf weh tun, sie soll, sie muss es sogar. Sa-
tire soll von der Politik gefürchtet werden, dann hat sie
ihren Zweck erreicht. Die wenigsten Satiriker erreichen
diesen Anspruch. Am besten kriegen es derzeit wohl die
Sendungen "Heute-Show" in Deutschland und "Late Up-
date" in der Schweiz hin. Von letzterer ging letzten Sonn-
tag gerade die zweite Staffel zu Ende, ich persönlich
hoffe auf eine baldige dritte. "Deville", die Sendung, die
ab diesen Sonntag wieder übernimmt, kommt meiner Mei-
nung nach, niemals an "Late Update" heran. Schon Kurt
Tucholsky fragte einst: "Was darf Satire?" und gab darauf
die noch heute gültige Antwort: "Satire darf alles, nur ei-
nes nicht: fragen, was sie darf." Satire braucht noch nicht
mal unbedingt politisch korrekt zu sein, sie darf auch mal
zu weit gehen, sollte aber als Satire erkennbar sein.
Zwischen diesen beiden Formaten, Comedy und Satire,
fungiert das Kabarett. Die Grenzen können durchaus
fliessend sein, wie beim Politischen Kabarett, das sehr
starke satirische Anleihen hat, aber niemals ganz so böse
wie die Satire wird. Kabarett, ob politisch oder nicht,
nimmt für sich in Anspruch, ein gewisses Niveau zu
beinhalten. Auch Kabarett hält einen Spiegel vor und
kann böse sein, geht aber niemals so weit wie die Satire,
die, im Gegensatz zum Kabarett, bewusst beleidigen
darf. Kabarett kann politisch sein, muss es aber nicht.
Wenn Kabarett aber nicht politisch ist, wo ist dann der
Unterschied zur Comedy? Der Unterschied besteht,
laut jenem deutschen Komiker, von dem ich glaube,
dass es Johann König war, darin, dass der Komiker
neutral aus dem Alltag erzählt, der Kabarettist aber
von seiner eigenen Sicht der Dinge, seiner eigenen
Weltsicht, seiner Anschauung ausgeht. Der Kabaret-
tist tut dem Publikum auf humoristische Art seine
Meinung kund. Das ist der Unterschied zur Comedy
und zur Satire, denn auch diese bleibt, bei aller Bos-
haftigkeit, möglichst neutral. In der Satire werden
alle gleichermassen fertig gemacht, der Kabarettist
aber bezieht Stellung. Das sind die kleinen, aber
feinen Unterschiede.
Aber wer macht nun eigentlich was? Urban Priol
und Volker Pispers zählen für mich klar zum
politischen Kabarett, auch wenn letzterer sich
als Satiriker sah. Dieter Nuhr scheint seit einiger
Zeit auch eher Kabarett zu machen. Er fing zwar
mit Comedy an, aber dann brachte er mehr und
mehr seine eigene Weltsicht ins Spiel. Jürgen
von der Lippe und Johann König zählen ganz
klar zum Bereich Comedy. Und dann gibt es
noch einige Künstler, die genreübergreifend sein
können, die alle drei Arten drauf haben, unter
diesen scheint mir Olaf Schubert das beste Bei-
spiel zu sein. Andere mögen vielleicht einige
Künstler anders einteilen, die Uebergänge sind
ja oft auch fliessend, ich ging aber klar aus
den oben erwähnten Gedankengängen aus.
Eines aber sind sie allesamt, egal in welcher
Sparte sie sich hervortun: Humoristen. Denn das
ist ihnen allen gemein: Ihr Werkzeug ist der
Humor.

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