Montag, 10. Februar 2020

"Rock'n'Roll und Rokoko", Kapitel 3

Was bisher geschah: Die englische Rock'n'Roll-
Band "The Fragonards", die in Rokokokleidung
auftritt, tourt durch die Schweiz und erhält Droh-
briefe. Der Manager der Band, Steve Merlin,
beauftragt in Bern den Privatdetektiven Roman
Torso damit, ein Auge auf die Musiker zu haben.
Während der Konzertpause geht der Sänger der
Band, Mike Jiggle, einen Joint rauchen und wird
leblos aufgefunden.

Auch wenn die Vorband durchaus gut spielte, für
den Veranstalter gab es wohl nichts Schlimmeres,
als wenn "seine" Hauptband ausfiel. Das Schlimm-
ste für mich kam erst noch auf mich zu, als ich sah,
wen die Polizei mit der Sache betraut hatte.
"Torso", knurrte Inspektor Reber mich an, als er
mich erblickte. "Wie kommt es, dass Sie immer
dort sind, wo etwas passiert ist?"
"Ich habe erste Reihe gebucht, Inspektor", witzel-
te ich. Bei Reber konnte ich so etwas nicht unter-
lassen. Gerade weil ich wusste, wie sehr ihn das
nervte. Er schaute sich die Situation an. Es dauer-
te nicht lange, da entdeckte er den Joint.
Bildergebnis für joint
"Drogentod", meinte er. "Ist ja in Musikerkreisen
nichts Ungewöhnliches."
"Und wie erklären Sie sich die Verfärbungen im
Gesicht des Opfers?" fragte ich. "Es sieht doch
tatsächlich so aus, als ob der Joint explodiert
wäre..."
Er winkte einen jungen Polizisten zu sich und
gab ihm den dienstlichen Befehl, den Joint ein-
zupacken und ans Labor zu schicken.
"Ich denke aber kaum, dass da viel dabei heraus-
kommt", meinte er. "Ich halte das für einen kla-
ren Fall von Ueberdosis."
"Ich bin anderer Meinung", meinte ich.
"Weil Sie es nicht lassen können, mir das Leben
schwer zu machen?"
"Nein, Inspektor. Weil ich noch nie einen Kiffer
mit solchen Verfärbungen gesehen habe. Ich hal-
te das für einen Fall von Mord."
"Wie Sie meinen", brummte er. "Ich denke aber,
dass Sie diesmal auf dem Holzweg sind. Für
mich gibt es keine Anhaltspunkte und daher
auch keinen Grund, die ganzen Leute hierzu-
behalten. Aber mit den Bandmitgliedern soll-
te ich noch sprechen."

Die Bandmitglieder waren recht zermürbt. Ver-
ständlicherweise, immerhin war ihr Frontmann
tot aufgefunden worden. Aber sie fassten sich
so weit, dass sie Rebers Fragen über sich erge-
hen lassen konnten.
"Wussten Sie, dass Mister Jiggle kiffte?" fragte
Reber. Er versuchte, englisch zu reden, aber sein
Akzent war grauenhaft.
"Of course", antworteten die Jungs unisono.
"We all knew about it", sprach dann Brian alleine
weiter.
"Er ging immer in der Pause einen Joint rauchen",
übernahm Merlin das Wort. "Er sagte, das hilft
gegen das Lampenfieber."
"Ist aber immer noch illegal", meinte Reber, sicht-
lich erleichtert darüber, dass er wieder sprechen
durfte, wie ihm der Schnabel gewachsen war.
"Na, wie dem auch sei", sagte er dann, "wir müs-
sen erstmal den Laborbericht abwarten. So lange
die Ermittlungen laufen, muss ich Sie leider alle
bitten, die Stadt nicht zu verlassen."
"Inspektor, wir sind auf Tournee!" entrüstete sich
Merlin.
"Alle Termine absagen!" gebot Reber. "Die Band
hat eh keinen Sänger mehr. Wo kann ich Sie errei-
chen?"
"Wir...wir sind im Hotel Kreuz. Wir werden wohl
noch ein paar Nächte mehr buchen müssen. Mor-
gen wollten wir eigentlich nach Basel weiter."
Reber notierte sich dies. "Gut", meinte er dann,
"für heute wäre das alles. Wir melden uns, sobald
wir etwas mehr wissen."
"Inspektor", sprach ich ihn an. "Es gibt da etwas,
was Sie wissen sollten." Ich zeigte ihm die Droh-
briefe, die Merlin mir überreicht hatte.
"Ich nehme die mit und lasse sie auf Fingerab-
drücke untersuchen", meinte er. "Und Sie verhal-
ten sich ruhig, Torso!"
"Herr Torso wurde von mir beauftragt, die Jungs
zu beschützen", warf Merlin ein.
"Und da hat er ja wohl versagt", meinte Reber.
Die Genugtuung in seiner Stimme war nicht zu
überhören. "Aber jetzt sollten sie ausser Gefahr
sein. Der Täter wird wohl kaum wissen, dass
das Konzert in Basel nicht stattfinden wird."
"O doch, das kann er wissen", erwiderte ich.
"Wieso?" fragte Reber. "An die Presse ging noch
nichts..."
"Aber es könnte sein", flüsterte ich verschwöre-
risch, "dass der Täter ein Insider ist."

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