Was bisher geschah: Die englische Rock'n'Roll-
Band "The Fragonards", die in Rokokokleidung
auftritt, tourt durch die Schweiz und erhält Droh-
briefe. Der Manager der Band, Steve Merlin,
beauftragt in Bern den Privatdetektiven Roman
Torso damit, ein Auge auf die Musiker zu haben.
Während der Konzertpause geht der Sänger der
Band, Mike Jiggle, einen Joint rauchen und wird
leblos aufgefunden. Im Joint war Schiesspulver
drin, und noch etwas wird entdeckt: ein rotes
Frauenhaar. Auch der Gitarrist Kenny Reid fin-
det den Tod: Er wird in seinem Hotelzimmer auf-
gefunden, wo es aussieht, als ob er beim Koksen
eine Ueberdosis erwischt hat. Aber das weisse
Pulver auf dem Tisch ist nicht Kokain, sondern
Zyankali. Es stellt sich heraus, dass das Haar,
das im Joint war, einem Groupie der Band ge-
hörte, das drei Jahre zuvor durch Drogen zu
Tode kam.
Um den Fall abzuschliessen, baten wir alle Beteiligten zusam-
men und trafen uns vor dem Tourbus. Da nicht alle Anwesen-
den des Deutschen mächtig waren und ich wirklich besser
englisch sprach als Reber, übergab er, wenn auch zähneknir-
schend, mir das Wort.
"Zunächst einmal", begann ich, "kann ich eine Entwarnung
geben. Einen Stalker oder eine Stalkerin, wie Mister Mer-
lin dies erst vermutet hatte, existiert in unserem Fall nicht.
Die seltsamen, kryptischen Briefe kamen von jemandem
aus unserer Mitte. Ich muss zugeben, dass ich zuerst auch
nicht auf diese Idee gekommen wäre. Aber dann geschah
der erste Mord. Ein Joint, versetzt mit Schiesspulver, das
naturgemäss explodierte, als man es anzündete. So kam
Mike Jiggle auf tragische Art ums Leben. Dies war der
Moment, als ich mit einer ernsthaften Gefahr zu rechnen
begann. Sicherheitshalber blieb auch ich noch im Hotel,
doch konnte ich leider den zweiten Mord nicht verhindern.
Auch dieser sah auf den ersten Blick wie ein Drogentod
aus. Nur dem Umstand, dass Kokain geruchlos ist, es im
Zimmer aber nach Bittermandel roch, war es zu verdan-
ken, dass wir überhaupt bemerkten, dass daran etwas faul
war. Das Kokain war vertauscht worden. Durch Zyankali.
Wir wussten nun, dass wir es mit einem durchtriebenen,
skrupellosen Mörder zu tun hatten. Die Polizei fand Finger-
abdrücke, die nicht zum Opfer gehörten, auf dem Joint.
Nirgendwo sonst, nur auf dem Joint. Wahrscheinlich, weil
es recht schwierig wäre, einen Joint zu drehen, geschweige
denn dessen Inhalt auszuwechseln, wenn man Handschuhe
trägt. In Bern waren diese Abdrücke nicht registriert, wohl
aber in Basel. Aber erst das grösste Rätsel in dieser Ge-
schichte führte uns auf die richtige Spur. Und auf das Motiv.
Im Joint war nämlich nicht nur Schiesspulver, sondern auch
ein rotes Frauenhaar. Ausgerissen, nicht abgeschnitten, so
dass wir die DNA feststellen konnten. Sie passte zu jener
der vor drei Jahren durch eine Ueberdosis verstorbenen Ma-
rianne Treuherz."
Ein Raunen ging durch die Zuhörer, Erstaunen machte sich
auf den Gesichtern breit.
"Weshalb aber sollte ein Haar einer seit drei Jahren toten
Frau in einen Joint gelangen?" fuhr ich fort. "Es gab nur
einen halbwegs verständlichen Grund: Alles, was geschah,
hatte mit Marianne Treuherz zu tun, einer Frau, die durch
eine Ueberdosis verstarb, nachdem sie sich mit der Band
eingelassen hatte. Jemand, dem Marianne Treuherz viel be-
deutet hatte, gab der Band die Schuld an ihrem Tod. Ob
zu Recht oder nicht, das entzieht sich meiner Kenntnis,
auch möchte ich mir da kein Urteil anmassen. Jedenfalls
machte der Täter unmissverständlich klar, dass es sich um
einen Racheakt handelte. Als wir die Akten aus Basel hat-
ten, war der Fall plötzlich sonnenklar. Marianne Treuherz
hatte einen Bruder, Andreas Treuherz. Dieser wanderte
nach Amerika aus, danach verlor sich seine Spur. Was nur
eines bedeuten konnte: Andreas Treuherz hatte in Amerika
einen anderen Namen angenommen: Andrew, oder Andy
Waller!"
"Ich soll...?" fragte Andy.
Ich nahm die von Basel zugeschickte Fotografie aus der
Tasche. "Leugnen bringt nichts mehr, Andy", sagte ich,
"diese Aufnahme der Basler Polizei hat Sie schon längst
überführt."
Reber hatte die Handschellen schon bereit. "Andreas Treu-
herz alias Andrew Waller", sagte er, "ich verhafte Sie we-
gen Mordes an Mike Jiggle und Kenny Reid."
"Gut gemacht, Herr Kollege", sagte ich zu Reber.
Er blickte mich streng an. "Diesmal lass' ich es Ihnen aus-
nahmsweise mal durchgehen, Torso", knurrte er. "Aber
nennen Sie mich nie wieder Kollege!"
ENDE
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