Bevor das gute, schöne Wetter diesen Sommer kam, glaubten wir
noch, dass der Sommer verregnet werden würde, so sehr liess
er auf sich warten. Da hatte es so viel geregnet, dass der See
nicht nur stark über das Ufer trat, das Wasser ging auch lange
nicht zurück. Viele glaubten, das hänge auch mit der Renaturie-
rung des Baches zusammen, der das Seewasser aufnimmt und
weiterführt. Dieser hätte nämlich, durch die Renaturierung, nun
weniger Gefälle.
Nun, da die Renaturierung abgeschlossen ist (bloss die Bepflanzung
fehlt noch), luden die bachansässigen Gemeinden zu einer Info-
Veranstaltung. Da mich 1. dies auch interessierte und 2. meine
Eltern gleich beim Bachufer wohnen, ging ich auch kurz dorthin.
Da wurde über das Bauprojekt und die Kosten informiert- ich selber
hätte lieber mehr über die Natur gehört-, und einer der Gemeinde-
Präsidenten bedankte sich bei den Steuerzahlern, sprich: uns Allen
(oder fast Allen, es gab sicher irgendwelche mit Steuererlass), dass
wir, durch unsere Steuergelder, solche Projekte überhaupt möglich
machen würden. Was über die Natur zur Sprache kam: Die Anpflan-
zung würde im Herbst erfolgen, der Sommer wäre dafür zu heiss ge-
wesen. (Regen im Sommer wollen die Menschen nich, Hitze hinge-
gen auch nicht...als ob die Natur ausgerechnet auf unsere Wünsche
hören würde!) An einigen Stellen werde der Bach zugänglich sein,
an anderen nicht, was heisst, dass Mensch und Natur gegenseitig
dort bestehen können. Und dann kam die Antwort auf eine schon im
Vorfeld wohl häufig gestellte Frage: "Der Ablauf vom See ist ge-
währleistet. Wir haben nachgemessen, das Gefälle wurde nicht weni-
ger, sondern sogar eher etwas mehr. Was aber wichtig ist, damit der
Ablauf funktioniert, das sind die Umgebungsarbeiten. Es muss regel-
mässig gemäht werden, die Umgebung muss gepflegt werden."
Allerdings: Für viele Menschen, die das Seehochwasser gesehen haben,
dürfte dies kaum glaubhaft klingen: Was soll das denn für einen Ein-
fluss haben, ob beim Bach gemäht wird oder nicht? Das sind doch
Ausreden, die Gemeinden wollen sich keinen Fehler eingestehen, für
den sie Steuergelder verbraten hätten... Nun, wer die in der Natur vor-
kommenden biologischen und ökologischen Abläufe etwas kennt, der
sieht darin durchaus Sinn. So gerne ich am See bin und auch beim
Bach entlang gehe, es ist eine Tatsache, dass ein Gewässer den Le-
bensraum darstellt, der als "am Wenigsten entwickelt", quasi als
"primitiv" gilt. Wird ein Gewässer sich selbst überlassen, wird es in
einigen Millionen Jahren austrocknen, es wird zuerst versumpfen,
danach übernimmt immer mehr die Vegetation das Kommando, es
"verlandet" und irgendwann, je nach Klima, entsteht entweder eine
Wüste oder ein Wald, jenes Oekosystem, das als das "am weitesten
Entwickelte" gilt. So gesehen nutzt die Umgebungspflege also der
Nachhaltigkeit, damit in Millionen Jahren unsere Nachfahren dort
auch noch Bach und See haben. Es scheint also ganz so, dass der
Mensch so sehr in die Natur eingegriffen hat, dass er, wo er sie "re-
naturiert", noch mehr eingreifen muss, damit das Ganze Bestand hat.
Das mag ironisch klingen, aber die Natur hat einen gewissen Sinn
für Ironie. Das merkt man besonders gut bei der Photosynthese der
Pflanzen: Aus Kohlenmonoxid macht die Pflanze Sauerstoff. Das,
was schadet, wird umgewandelt in etwas, was nützt. Die mensch-
lichen Erfindungen nahmen, mit Ausnahme des Klettverschlusses,
meist den umgekehrten Weg.
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