"Es ist feige, sich hinter einem Komitee zu
verstecken und sich die Hände nicht schmut-
zig machen zu wollen."
(Martin Landolt, Schweizer Politiker)
Irgendwann wurde ich einmal von jemandem gefragt: "Welcher
Partei könntest du dir vorstellen beizutreten?"
Ich antwortete: "Gar keiner."
"Warum nicht?"
"Als Mitglied einer Partei", meinte ich, "muss ich die Meinung
der Partei vertreten. Ich dürfte nicht mehr eigenständig denken,
sprechen oder handeln."
"Aber wenn du einer Partei beitreten müsstest- die wäre schon
eher links, oder?"
"Wahrscheinlich schon. Obschon ich dieses Links-Rechts-
Schema-Denken gar nicht gut finde."
Das Erstaunliche ist, dass sehr viele Menschen in diesen Schemen
denken. Würde ich nur links denken oder stehen, ich hätte bei der
letzten Abstimmung für die "Fabi"-Initiative stimmen müssen,
aber ich enthielt mich der Stimme, weil mir einiges nicht aufging.
(Ich habe an dieser Stelle bereits vor der Abstimmung über meine
Bedenken berichtet. Die Initiative, bei der es um den Ausbau und
die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs ging, wurde übrigens
angenommen.)
Würde ich hingegen rechts stehen oder denken, dann hätte ich ein
Riesenproblem. Mit der Annahme der von rechter Seite eingereich-
ten "Zuwanderungsinitiative", welche die Zuwanderung von EU-
Bürgern in die Schweiz regulieren will und zwar mittels Kontingen-
ten, wie früher, als es noch weder EU noch Personenfreizügigkeit
gab, weiss ich nun nicht, was auf mich zukommt, denn da meine
Freundin Deutsche ist, weiss irgendwie niemand so richtig, ob dies
unsere Beziehung auch betrifft. Zwar hat sie den C-Ausweis, die
Langzeit-Aufenthalts-Bewilligung, aber darf sie den auch behalten,
wenn sie ihre Stelle verliert? Haben diese Menschen, die abstimmen
gingen, auch an ihre Nachbarn und Mitmenschen gedacht? Oder
haben sie sich mal wieder von der SVP an der Nase herumführen
lassen, mit ihrer ganzen Angstmacherei vor Ueberfremdung und
Islamisierung und Ueberbevölkerung und was weiss ich noch alles?
Meine Freundin meint zwar, ich müsse mir keine Sorgen machen,
aber es wäre mir doch wohler, wenn irgendjemand, der sich damit
genau und wahrheitsgetreu auskennt, sagen könnte, dass sie recht
hat. Zur Zeit weiss ich nur eines: dass ich durchdrehen würde, wenn
sie mir, nur wegen dieser SAUBLOEDEN SCHEISS-POLITIK,
weggenommen würde! Und das würde der SVP gar nicht gut bekom-
men, schon wieder ein Amokläufer, der wegen konservativen Ein-
stellungen anderer nur noch rot sieht! Aber wenn dies die einzige
Möglichkeit ist, auf Missstände aufmerksam zu machen, die andere
nicht einmal sehen... oder geflissentlich übersehen, weil sie nämlich
nicht zur Parteilinie passen! Ich möchte nicht mit ihr nach Deutsch-
land auswandern müssen, ich liebe mein Land, und sie liebt es hier
auch, fast ihr ganzes Sozialleben findet hier statt- und obschon ich
weiss, das der Volkswille akzeptiert werden muss, das ist der Vor-
und der Nachteil der direkten Demokratie- zur Zeit schäme ich mich
sogar ein bisschen, Schweizer zu sein. Und das, obschon ich dagegen
gestimmt habe! Bin ich denn einer von so wenigen in diesem Land,
der die positiven und negativen Konsequenzen sehen oder vermuten
kann? Ist denn der Grossteil der Bevölkerung schon auf dem intellek-
tuellen Stand der Schweizerischen VerblödungsPartei angelangt?
Ein ehemaliger Mitarbeiter meinte immer: "Ich bin nicht Schweizer,
ich bin Emmentaler." Der war mit solchen Ansichten, wie sie bei
dieser Abstimmung zum Tragen kamen, auch nicht einverstanden
und hat- zwar nur für sich selber, aber immerhin- die Konsequenz
daraus gezogen, dass er abseits steht. Immer ist dies aber auch keine
Lösung, und ich kann nur hoffen, dass der Bundesrat wenigstens
zwischenmenschlich agieren wird. Und zwischenmenschlich heisst
eben zwischenmenschlich, nicht politisch und schon gar nicht parteien-
getreu.
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