noch sehr gerne in den Zoo. "Wie bitte?" fragt jetzt der
eine oder andere meiner Leser. "Der geht in den Zoo, wenn
es kühl ist?" Ja, denn erstens hat es dann weniger Leute und
zweitens halte ich mich dann gerne im warmen Teil des
Zoos auf, im Vivarium. Dort sass ich in letzter Zeit gerne vor
der Anlage der Stumpfkrokodile. Selbst wenn diese sich kaum
bewegen, ist es dort doch immer wieder interessant, insbeson-
dere, seit es mir gelingt, das Männchen und das Weibchen zu
unterscheiden. Das Männchen ist etwas grösser und hat die
auffallenderen Zähne. So viel zu der Mär, Krokodile hätten,
ausser beim Ganges-Gavial, keinerlei Geschlechtsdimorphis-
mus.
Einmal sass ich vor der Krokodilanlage, das Männchen lag
hinter einem Baumstamm, das Weibchen hatte sich irgendwo
versteckt. Plötzlich platschte etwas ins Wasser! Einer der im
Vivarium freilaufenden Basilisken hatte sich von der grossen
Birkenfeige, die in die Krokodilanlage hineinwächst, ins Was-
ser fallen lassen. Da kam Bewegung in die Sache! Der Kro-
kodilmann näherte sich. Und Krokodile sind schneller, als
man es ihnen gemeinhin zutraut! Aber nicht so schnell wie
Basilisken! Der Basilisk flüchtete in Windeseile aus der An-
lage. Ich hatte das unfassbare Glück, ein Naturschauspiel zu
sehen, das in einem Zoo wohl noch selten jemand zu Gesicht
bekommen hat. Nicht nur ein Krokodil im Jagdmodus- wobei
es vielleicht auch bloss Neugier war, denn Stumpfkrokodile
gelten als sehr neugierig-, sondern auch einen Basilisken, der
übers Wasser rennt. Jawohl, übers Wasser! Basilisken sind
tatsächlich so schnelle Läufer, dass sie kurze Strecken auf
dem Wasser zurücklegen können! Deswegen werden sie auch
Jesusechsen genannt. Was Jesus davon gehalten hätte, weiss
ich nicht, ich weiss noch nicht einmal, was der Basilisk davon
hält. Aber es dürfte für ihn wohl schmeichelhafter sein, als
nach einem mythologischen Ungeheuer benannt zu werden,
das spätestens seit "Harry Potter" auch den mythologisch-
unbedarften Leuten bekannt sein dürfte. Wobei ich nicht
weiss, welcher Religion so ein Basilisk- ich meine jetzt
den realen, den im Zoo- angehört. Einen Eid hat er jeden-
falls keinen abgelegt, er ist ja schliesslich keine Eidechse.
Als das Krokodil merkte, dass nichts zu holen war, blieb es
mit dem Kopf im Wasser liegen. Krokodile sind zwar ge-
fährliche Jäger, aber es geht ihnen immer wieder Beute
durch die Lappen. Dann machen sie sich nicht allzu viel
draus, sondern warten auf die nächste Gelegenheit. Im
Gegensatz zu manchen anderen Raubtieren können Kroko-
dile auch mal längere Zeit ohne Nahrung auskommen, da
sie Fettreserven in ihrem Schwanz speichern.
Ein anderes Mal, als ich bei den Krokodilen war, kamen
immer wieder Kinder, die ihre Eltern fragten, ob das
Tier- es war wieder das Männchen, das ganz nah zum
Gitter kam und dort lag, während diesmal das Wibchen
hinter dem Baumstamm war-, die fragten, ob das Tier
überhaupt echt sei, es bewege sich nicht, und es atme
ja nicht einmal! Doch, es atmet, aber es muss nicht so
kurz nacheinander atmen wie wir. Hin und wieder ein
Atemzug, das reicht für eine ganze Weile. Krokodile
leben nun mal in einem anderen Tempo. Auch blinzeln
tun sie hin und wieder. Manchmal rede ich leise mit
ihnen, dann blinzeln sie; es ist, als würden sie mich ver-
stehen. Das ist durchaus möglich, gerade Stumpfkroko-
dile sollen in Gefangenschaft ziemlich zahm werden kön-
nen und man könne sogar mit ihnen arbeiten. Aber
zurück zu den Kindern, den Menschenkindern. Zwei
von denen hatten die dumme Idee, um nachzuprüfen,
ob das Tier wirklich echt ist, es mit Wasser aus dem
vor der Krokodilanlage befindlichen kleinen Brunnen
mit Psioris-Fischen (jenen, welche die Hornhaut anknab-
bern) anzuspritzen. Das Krokodil blinzelte nur, blieb
aber friedlich. Ich hätte es ihm nicht verdenken können,
wenn es gefaucht hätte. Geschimpft haben aber die El-
tern, schliesslich gehört es sich nicht, ein Krokodil anzu-
spritzen! Es gibt leider sehr viele Menschen, sowohl Kin-
der als auch Erwachsene, die nicht mehr wissen, wie man
sich in einem Zoo zu verhalten hat. Erstens ruhig, zwei-
tens klopft man nicht an die Scheiben, drittens füttert
man die Tiere nicht- die bekommen ihr Futter vom Pfleger,
der besser weiss, was sie brauchen-, und viertens provoziert
man keine Tiere. Vor allem keine Raubtiere! Bei schlech-
teren Gehegen und weniger zahmen Tieren hätte das Kon-
sequenzen haben können! Und wer wird dann in den Me-
dien dafür verantwortlich gemacht? Der Zoo, obschon der
hier nicht der Schuldige gewesen wäre!
Dass Krokodile fauchen, habe ich übrigens auch schon
selber gehört: als ich von der Seite aus ins Gehege schaute,
als das Weibchen beim Nest lag, da liess sie aus irgend-
einem Grund ihr Drohfauchen hören- obschon sie ziem-
lich sicher weiss, dass ich keinen Zutritt ins Gehege habe.
Aber man bzw. frau muss schliesslich sichergehen. Das
Fauchen hört sich übrigens so ähnlich an wie das eines
Schwans.
Sehr interessant übrigens auch, wie viele Besucher an
die Krokodilanlage kommen und auf die Frage: "Was
ist hier drin?" von ihren Begleitpersonen, welche die
Infotafel lesen, zur Antwort kriegen: "Ein Sumpfkroko-
dil." NEIN, NEIN, NEIN, NEIN!!! Es ist ein Stumpf-
krokodil, kein Sumpfkrokodil! Sumpfkrokodile gibt es
zwar auch, aber nicht in diesem Zoo! Ausserdem wer-
den die viel grösser und bräuchten eine dementsprechend
grössere Anlage! Einmal hab ich jemandem den Unter-
schied erklärt, aber ich bin es leid geworden. Vor allem
sind es immer nur Erwachsene, denen dieser Fehler
passiert, niemals Kinder! Die Kinder geben sich beim
Lesen viel mehr Mühe, die sehen den T, die Erwachse-
nen sehen nur ein Wort, das für sie "Sinn" ergibt und
übersehen den wesentlichen Buchstaben, der zwei ver-
schieden Artbezeichnungen ausmacht. Entweder sind
die Erwachsenen schon zu sehr in ihrer eigenen Erwach-
senenwelt versumpft und kriegen deshalb nichts Wesent-
liches mehr mit, oder sie sind schon so abgestumpft,
dass sie nicht mal mehr einen einfachen T in einem Wort
bemerken! STUMPF-, STUMPF-,STUMPF-,STUMPF-
Krokodil!!!
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