Freitag, 25. Oktober 2019

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 25.10.2019

"Wir müssen uns die Mühe machen, die Ansprüche
des Tieres, die sich aus seiner Biologie ergeben,
zu verstehen und diesen gerecht zu werden."
(Bernd Schildger: "Mensch, Tier!")

Obiges Zitat aus Bernd Schildgers aktuellem Buch
gilt sowohl für Tiere in Gefangenschaft bzw.
menschlicher Obhut, wie einige Zoodirektoren
heute lieber sagen, als auch in freier Wildbahn.
Nicht nur die Zoos, die mit ihrer Tierhaltung Art-
erhalt betreiben wollen, sind hier gefordert, auch
die Wildhüter, die dafür sorgen oder dafür sorgen
sollten, dass unsere Tierwelt uns auch in freier
Natur erhalten bleibt. Hier scheint noch einiges
im Argen zu liegen.
Vergleicht man unser Tierschutzgesetz- das streng-
ste Tierschutzgesetz der Welt- mit unserem Jagd-
gesetz, dann wird schnell klar: Unser Jagdgesetz
ist ein schlechter Witz! Das Jagdgesetz brîngt nur
einem was: dem Jäger. Es sind Jagdverbände, Hob-
byjäger und Trophäensammler, die sich ein sol-
ches Gesetz ausdenken konnten, Wildhüter und
Forstwarte mussten zu sehr zurückkrebsen.
Gutes Beispiel sind Braunbär und Wolf. Die Land-
wirtschaft will, dass diese geschossen werden
dürfen, denn sie würden zu viel Schaden anrich-
ten. Der Wolf bedroht die Schafe, der Bär frisst
uns auch den Honig noch weg. Das ist die Mei-
nung der Landwirtschaft. Punkt. Wenn es nach
unseren Bauern geht, die in der Politik sehr stark
vertreten sind, dann sollen diese Tiere nicht erst
geschossen werden dürfen, wenn sie Schaden
angerichtet haben, sondern bevor sie dies tun,
im Fachlatein präventiv. Bei allem Verständnis
für die Anliegen der Landwirtschaft, muss hier
doch ganz klar gesagt werden: Diese Tiere unter-
stehen internationalen Schutzbedingungen! Da
dürfte sich die Schweiz eigentlich gar keine sol-
che Extrawurst erlauben!
Nehmen wir zum Beispiel den Bären. Wir haben
in der Schweiz sporadisch mal ein bis drei Bären,
die wenigsten haben wirklich Probleme gemacht.
Aber wir fürchten uns vor diesem Tier, weil wir
erstens vergessen haben, wie wir mit solchen
Grossraubtieren umgehen sollten, damit nichts
passiert, und zweitens, weil wir den Allesfresser
Bär als Nahrungskonkurrenten betrachten, der
uns den Honig klaut und die Schafe reisst. Das
ist völliger Blödsinn! Selbst in Ländern mit
viel, viel mehr Bären sind diese Probleme, die
unsere Bevölkerung sich da ausmalt, so gut wie
gar nicht existent. Ich will nicht behaupten, dass
es gar keine Probleme gibt, aber es gibt viel
mehr Beispiele dafür, dass ein friedliches Zu-
sammenleben mit dem Bären möglich ist als
für das Gegenteil.
Aehnlich ist es mit dem Wolf. Ein Wolf, der
Schafe reisst, ist meistens ein Einzelwolf, der
gegen Hirsche und Rehe keine Chance hätte;
Rudel gehen eher auf Hirsch- und Rehherden
los. Kommt noch dazu, dass die Hausschafe
durch die Domestikation ihren Fluchttrieb ver-
loren haben und nicht wirklich vor dem Wolf
davon rennen, wie dies die Rehe tun. Sie ren-
nen zwar schon, wenn der Wolf kommt, aber
sie hören damit auf und grasen daneben weiter,
wenn der Wolf ein Tier erlegt hat. Rehe und
Hirsche rennen weiter und bringen sich in Si-
cherheit. Das Problem wurde also erst durch
den Menschen ausgelöst. Und wird oft drama-
tischer dargestellt, als es wirklich ist; auch
hier gibt es Beispiele aus Ländern mit deut-
lich grösserer Wolfsdichte. Und was die Land-
wirte entweder nicht wissen oder vergessen
haben, ist dass der Wolf gerade ihnen auch von
Nutzen sein kann. Die Hauptbeute des Wolfes
sind nämlich Mäuse, ausserdem ist er nebst dem
Luchs das einzige Raubtier, das sich an Wild-
schweine traut. Mäuse und Wildschweine rich-
ten in der Landwirtschaft deutlich mehr Schaden
an, als Wolf, Luchs und Bär dies je könnten.
Wenn wir eine intakte Natur wollen- zu der nun
mal auch unsere Raubtiere gehören-, dann brau-
chen wir ein vernünftiges Jagdgesetz, das dem
Schutz und der Hege unseres Wildes dient, nicht
den Trophäenjägern. Deshalb läuft zur Zeit eine
Unterschriftensammlung für ein Referendum
gegen das Jagdgesetz. Ich habe es bereits unter-
schrieben, und ich bin sicher, dass genügend
Unterschriften zusammen kommen, um es beim
Bund einzureichen. Denn wem unsere Natur am
Herzen liegt, dem liegen auch unsere Wildtiere
am Herzen, und dem bleibt gar nichts anderes
übrig, als dort zu unterschreiben. Nicht nur
dem Bär, dem Wolf und dem Luchs, auch dem
Rothirsch und vielen anderen Bewohnern unse-
rer Natur zuliebe. Die Tiere werden es uns dan-
ken.

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