Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 23.5.2021

Das neue Erfolgskonzept der Schweiz: man nehme den langweiligsten und mit Abstand einschläferndsten Song, den man finden kann- und kommt damit beim Eurovision Song Contest auf Platz 3! Und nicht nur das: Beim Juryvoting haben wir dieses Jahr sogar lange geführt. Und das, obschon der Song kaum ins Ohr ging und der Sänger, der unter dem Namen Gjon's Tears auftrat, auch kaum Stimmbruch scheint gehabt zu haben- und sogar französisch sang! Noch kurioser: England hievte Frankreich in die Top 3, obschon auch dieser Song- der allerdings wunderschön war- französisch gesungen wurde. Lange kam es zu einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Schweiz und Frankreich, während Malta, mit der hübschen und stimmgewaltigen Destiny, tapfer den dritten Platz verteidigte.

Malta zählte mit Griechenland und Frankreich zu meinen persönlichen Favoriten. Nach dem Publikumsvoting fand sich Malta dann aber weiter unten wieder, wohingegen Italien, mit einem italienischen Hardrocksong, direkt auf Platz 1 wanderte. Enttäuschend war die grosse ESC-Nacht dieses Jahr gleich für drei der grossen Geldgeber-Länder: Spanien, Deutschland (nur drei Punkte für ein Lied, das, obschon englisch gesungen, im Kinderzimmer besser angekommen wäre als am ESC) und Grossbritannien. Das gab es wahrscheinlich noch gar nie, dass Grossbritannien einmal die Nullpunkte-Nummer zieht. Und das, obschon die Briten mit James Newman einen erfolgreichen Pop-Produzenten und Songschreiber am Start hatten! Aber wie auch das Schlussresultat gezeigt hat, scheint das Publikum den seichten Radio-Fahrstuhl-Pop der letzten Jahre inzwischen leid geworden zu sein und lieber etwas Kraftvolleres, was nicht unbedingt auf jedem Sender rauf-und runter gedödelt würde, zu bevorzugen. Eine Entwicklung, die ich- auch wenn mir der Sound der italienischen Siegerband etwas zu hart ist- doch sehr begrüsse. Nur zwei Dinge sind beim ESC bisher leider immer noch nie dabei gewesen: ein Sänger mit Bass-Stimme und ein Blues. Aber wer weiss? Wenn der Trend so weiter geht, könnte es durchaus auch dazu mal kommen...