Freitag, 3. Januar 2014
Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 3.1.2014
Ueber die Neujahrsfeiertage war ich mit meiner Freundin in
Deutschland, wo wir ihre Eltern besuchten. Dabei fielen mir
wieder mal ein paar Eigentümlichkeiten auf, in denen sich
Schweizer und Deutsche unterscheiden, so ähnlich sie sich
ansonsten doch sind. Zum Beispiel beim Zugfahren. Will
man in der Schweiz von Bern nach Zürich steigt man irgend-
wo ein, da muss nur darauf geschaut werden, ob es ein Wa-
gon 1. oder 2.Klasse ist. In Deutschland sind die Wagons
durchnummeriert, und jeder Sitzplatz hat eine Nummer,
denn dort kann man sich Sitze reservieren lassen. Man
kann also nicht einfach so mal spontan in irgendeinen Zug
einsteigen, es sei denn, man nimmt mit einem Stehplatz
vorlieb. Das gilt glücklicherweise nur für den Fernverkehr,
in Regionalzügen ist es so einfach wie hier: einsteigen,
Platz suchen, absitzen. Halt: das Ticket sollte man vorher
natürlich gelöst haben! Für Schnellzugverbindungen be-
zahlt man in Deutschland mehr als für den Bummelzug,
auch das für uns Schweizer eine kaum zu verstehende Eigen-
art, da bei uns der Streckenpreis entscheidend ist, und der
ist für Bummler und Schnellzug gleich. Wer sich also be-
klagt, unser Bahntarifsystem wäre zu kompliziert, soll ruhig
mal nach Deutschland rüber bahnfahren gehen. Natürlich
ist das Land um einiges grösser, das sind ganz andere Dimen-
sionen, aber man kann es mit der Kompliziertheit auch über-
treiben. Dafür haben die Deutschen uns in anderen Sachen
einiges voraus. Puddingbrezel zum Beispiel, lecker! Bei uns
heissen die Vanillebrezel, sind um die Hälfte kleiner, weniger
süss und trockener. Hingegen fanden wir dort keinen alkohol-
freien Sekt, damit auch Abstinenzler wie ich an Silvester an-
stossen konnten. Wir wichen auf das einzige halbwegs ähn-
liche aus, was wir finden konnten, einen alkoholfreien Rosé.
Zum Anstossen war das okay, geschmeckt hat's leider gar nicht.
Ein weiterer Unterschied ist bei den Verkehrsampeln auszu-
machen: die Fussgängerampeln haben nur rot und grün, während
jene bei uns auch noch gelb haben. Zunächst erschrak ich, als
beim Ueberqueren des Fussgängerstreifens die Ampel direkt
von grün auf rot schaltete.
"Wie weiss ich da, wann ich mich beeilen muss, rüberzukommen?"
fragte ich meine Freundin, die mich aber beruhigen konnte:
"Da bleibt genügend Zeit, bevor die Autofahrer grün haben."
Die Ampeln für die Autofahrer haben nämlich gelb. Aber wer
so etwas nicht weiss, könnte sich durchaus schwarz ärgern.
Die Leute immerhin, die sind okay, in einigen Dingen etwas
direkter zwar als wir Schweizer, sowohl im positiven wie im
negativen. Wenn einem Deutschen etwas nicht passt, dann sagt er
es, während wir Schweizer, bevor wir es sagen, um Entschuldigung
bitten, dass wir überhaupt etwas sagen. Ein Schweizer Kondukteur
sagt z.B., wenn ein Koffer im Gang steht: "Exgüsée, könnten Sie
den Koffer schnell wegstellen?" Der deutsche Schaffner blickt Koffer
und Fahrgast streng an und meint nur: "Steht hier günstig..."
Andererseits umarmen sich Deutsche beim Jahreswechsel auch, wenn
sie sich erst einige Tage zuvor kennengelernt haben, so wie die Kol-
leginnen meiner Freundin, die wir dort trafen und mit denen wir Sil-
vester feierten. Für mich als Schweizer war dies zwar nicht unange-
nehm, aber überraschend. Bei uns können Jahre vergehen, bis es zu
mehr als Anstossen und Händeschütteln kommt. Es sei denn, man ist
mit Jemandem intim, dann gehört noch ein Küsschen dazu...
So schön Deutschland als Land an sich auch ist, und auch die Leute
sind in Ordnung (zumindest die meisten), ich war doch froh, wieder
auf das Schweizer Schienennetz zurückkommen zu können.
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