"Politische Korrektheit hat schon ihr Gutes, wir sind netter zueinander.
Aber man kann es auch übertreiben."
(Andrew Solomon, Schriftsteller)
Seit der 10. Schulklasse schreibe ich Songtexte, darunter auch einige zu
aktuellen, manchmal sogar brisanten Themen. Selten bis nie habe ich des-
wegen negative Reaktionen aus meinem Umfeld erhalten, auch von den
Menschen nicht, von denen ich wusste, dass ihre Meinung meiner gegen-
überstand. Einmal aber schrieb ich einen Song über einen Flüchtling aus
einem Kriegsgebiet, der Asyl beantragt und wieder abgeschoben wird.
Ich wollte bewusst keine politische Stellungnahme in diesen Song hinein-
tun, sondern einzig und allein eine Geschichte erzählen, nicht mehr und
nicht weniger. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon einige andere Songs
geschrieben, die durchaus politisch Stellung nahmen, zu verschiedensten
Themen, aus meinem Umfeld kam nie eine Reaktion, weder positiv noch
negativ. Aber als ich nichts anderes tun wollte, als eine tragische Geschichte
zu erzählen, da wurde der Text als politische Stellungnahme verstanden.
Wie es scheint, sind die Themen Ausländerpolitik und Asyl so emotions-
geladen, dass jeder irgendwas zwischen solche Zeilen interpretieren kann.
Und dabei kommt gerade bei solchen Themen immer noch die Frage nach
der "Political Correctness" dazu. Ein Schlagwort, mit dem von rechts bis
links nur so um sich geschlagen wird. Darum heisst es wahrscheinlich auch
"Schlagwort"... Mit der Political Correctness müssen sich wohl so ziemlich
alle auseinandersetzen, die irgendwas veröffentlichen oder öffentlich er-
zählen. Am schwersten haben es dabei wohl...nein, nicht die Politiker!
Die Komiker! Darf man z.B. heute noch Witze über andere Kulturen
machen? Das ist eine Gratwanderung, an der sich mancher Komiker
immer wieder aufs Neue die Zähne ausbeisst. Und wenn ein Politiker
sich als Komiker betätigt, wie der Berner Stadtpräsident Alexander
Tschäppät dies im Dezember tat, dann kann er gar nicht anders, als ins
Fettnäpfchen zu treten. Da kommt dann auch die Frage auf, ob sein ko-
mödiantischer Auftritt denn überhaupt von seinem politischen Amt zu
trennen sei oder nicht. Bei einigen Politikern fragt man sich so oder so,
ob sie nicht besser Satire machen würden, weil das, was sie von sich
geben, das muss doch ironisch gemeint sein, oder? Es bleibt jedenfalls
zu hoffen... Alfred Rasser, der als Komiker und Schauspieler eine der
berühmtesten humoristischen Figuren der Schweiz ins Leben rief, den
Theophil Läppli, ging nach seiner Bühnenkarriere in die Politik. Es heisst,
er hätte die Politik wieder an den Nagel gehängt, weil ihn bei seinen Reden
niemand ernst genommen hätte; alle hätten gelacht und gemeint, er würde
den Läppli spielen. Tschäppät scheint sich wohlweislich für den umgekehr-
ten Weg entschieden zu haben.
Witze über andere Kulturen, das kommt also selten gut, da sind mittlerweile
so viele Tabus damit verbunden. Hingegen kann heute ohne weiteres auf
der Bühne über ein früheres Tabuthema geredet werden: über Sex. Was
für eine Befreiung für die einstmals so verklemmten Komiker! Aber was
hat es uns schlussendlich gebracht? Einen Haufen Plattitüden von Leuten
wie Mario Barth! Wirklich gute, echte Comedy scheint selten geworden zu
sein, so selten sogar, dass Karl Dall und Jürgen von der Lippe eigentlich
schon unter Artenschutz gestellt gehörten...Oder wäre das etwa auch schon
"politisch unkorrekt"?
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