Ein Kollege von mir, der lange Single war ( und, meines Wissens, immer noch
ist, regte sich über die verliebten, händchenhaltenden Paare auf der Strasse auf.
Immerhin, er gab unumwunden zu, dass dabei die Eifersucht mitspielte. Ich
hingegen versuchte stets, mich für die beiden Verliebten zu freuen. Es gelang
mir nicht ganz immer, gebe ich zu. Aber doch in den meisten Fällen.
Ich meine, es ist doch etwas Schönes, wenn zwei Menschen sich gefunden
haben, wenn sie sich lieben. Das dürfen sie doch auch zeigen. Ich meine
natürlich nicht, dass sie gleich auf offener Strasse übereinander herfallen
sollten, nein, das wäre "Erregung öffentlichen Aergernisses", aber küssen,
umarmen, händchenhalten, auch streicheln, das darf ruhig auch in der Oef-
fentlichkeit erlaubt sein. Gerade bei jungen oder noch frisch verliebten
Paaren. Da ist noch diese zarte Annäherung vorhanden, da wird vorsichtig
ausgelotet, wie weit sie gehen können...Die von älteren Semestern oft ge-
hörte Meinung, diese jungen Paare hätten bloss Sex im Kopf stimmt schlicht-
weg nicht. Nein, da geht es noch um Zärtlichkeit, um Liebe und Akzeptanz.
Erst danach kommt das mit dem Sex.
In Hallen-und Solbädern in der Schweiz stören sich einige Menschen daran,
dass sich dort verliebte Paare tummeln und das tun, was verliebte Paare nun
einmal tun, zumal an einem so romantischen Ort und von einengender Klei-
dung befreit. Die Bademeister erhielten denn auch Order, einzuschreiten,
wenn ein Paar es damit übertreibt. Nun befürchteten natürlich einige Paare:
"Was, dürfen wir denn gar nichts mehr?" Aber die wurden beruhigt, laut
Medienmitteilungen wäre küssen und sich gegenseitig in den Armen halten
nach wie vor erlaubt. Aber ab wann ist Küssen und sich gegenseitig in den
Armen halten überschritten? Fängt das schon beim Streicheln an? Oder
beim Kuscheln? Ich persönlich finde, dass, solange keine richtigen sexuel-
len Aktivitäten stattfinden, der Bademeister sich heraus zu halten hat. Aber
auch das ist wieder schwierig zu definieren, wo "sexuelle" Aktivitäten an-
fangen. Laut Gesetz wird ein Zungenkuss bereits als Sex eingestuft. Ein
26jähriger darf also einer 16jährigen keinen Zungenkuss geben, selbst dann
nicht, wenn die Initiative von ihr kommt und es im gegenseitigen Einver-
ständnis geschähe, denn die 16jährige hat das gesetzliche Schutzalter noch
nicht überschritten. Der 26jährige würde sich durch den Zungenkuss also
auch dann strafbar machen, wenn keine weiteren "sexuellen" Aktivitäten
folgten. Hingegen kann eine 16jährige einen 26jährigen heiraten, sofern
ihre Eltern damit einverstanden sind. Diese Gesetzestexte bergen ein Kon-
fliktpotential, an dem schon manches junge Paar, manche Eltern, aber
auch manche Richter scheiterten. Dabei wurden diese Gesetze durchaus
mit Grund so verfasst. Es ging darum ( und geht es immer noch ), Jugend-
liche vor Gewaltigung und Pädophilie zu schützen. Und da solches leider
immer wieder vorkommt, ist es dennoch gut, dass es ein solches Gesetz
gibt.
Meine Freundin ( die fast ein Jahr älter ist als ich ) und ich waren vor Kur-
zem übrigens auch in einem Solbad und lagen uns dort in den Armen.
"Dass diese Paare aber auch immer kuscheln müssen", meinte sie lächelnd
beim Vorbeischwimmen.
"Wir gehören ja auch zu denen", erwiderte ich.
"Ich weiss", sagte sie. "Früher verstand ich das nie, jetzt hingegen schon."
Oh ja, das ist nur allzu verständlich. Hoffentlich auch für die Bademeister...
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