Dienstag, 8. Januar 2013

Kurzgeschichte: Die schwulen Säufer

Der Eine nahm eine Flasche aus seiner Tüte.
"Was hast du da?" fragte der Andere.
"Wodka."
"Genau das brauch ich jetzt. Wo hast du ihn her?"
"Geklaut."
"Scheisse, hat dich jemand gesehen?"
"Glaub' nicht."
"Okay, gib mir 'n Schluck.
"Erst gibst du mir 'n Kuss."
Er küsste seinen Freund, der ihm darauf hin die Flasche reichte,
aus der er einen grossen Schluck trank.
"He!" rief der Flaschenbier. "Nicht alles wegsaufen! Ich will auch
noch! Ausserdem weisst du doch, dass du nicht viel verträgst!"
"Mir egal. Ich will mal wieder 'n' anständigen Schwips. Danach
kannst du alles mit mir machen. Kannst mich besteigen, so oft du
willst."
"Okay, nimm ruhig noch 'n' Schluck."
Er nahm noch einen grossen Schluck, dann fing er schon an zu
singen, während er dem Anderen die Flasche zurück gab. Er sang
ein Stück von den Toten Hosen:

                             "Und alles nur, weil ich dich liebe
                               Und ich nicht weiss, wie ich's beweisen soll
                               Komm, ich zeig' dir, wie gross meine Liebe ist
                              Und bringe mich für dich um"

"Scheisse, Mann, hör auf!" knurrte der Andere, denn der Gesang klang
wirklich sehr falsch.
"Warum?" lallte der Sänger. "Was hast du gegen die Toten Hosen?"
"Gegen ihre Musik hab' ich nichts", antwortete dieser. "Es nervt mich
nur, dass diese Band sich nach meinem Liebesleben benannt hat."
In diesem Moment kippte der Andere, der, der vorhin noch gesungen
hatte, um, seinem Freund mit dem Kopf direkt in den Schoss.
"Verflucht", murmelte dieser. "Ich hätte nichts von toter Hose sagen
sollen."
Er strich seinem Kumpel über's Haar und war froh, dass die Passanten,
die dauernd an ihrer Ecke vorbeikamen, seine Erregung nicht sahen.
Er nahm einen Schluck, und dann noch einen. Eine ältere Dame, die
gerade des Weges kam, blieb vor ihnen stehen.
"Warum tun Sie sich das bloss an?" fragte sie ihn. "Sie sind noch jung,
Sie haben das Leben noch vor sich."
"Wo mein Freund hingeht, da geh' ich auch hin", antwortete er mürrisch,
nahm einen weiteren grossen Schluck und liess die alte Dame verdattert
weiterziehen.

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