Es ist wieder die Zeit, da sich die meisten Menschen überlegen,
was sie sich für's nächste Jahr für gute Vorsätze fassen könnten.
Viele werden dabei wohl "abnehmen", "mehr Sport treiben",
"weniger naschen",
und wenn doch, dann wenigstens "nicht mehr heimlich",
"allgemein weniger essen" oder zumindest "weniger Fast Food",
"mehr Bewegung" oder "mit Yoga anfangen",
"den Bauch abbauen",
"mehr schwimmen gehen"
in's Auge fassen. Dann kommen die zahlreichen Raucher, die mit
Rauchen aufhören wollen, die Trinker mit dem Trinken, die Kiffer
mit dem Kiffen und die Fixer mit dem Fixen. Ehemänner nehmen
sich vor, im nächsten Jahr treu zu bleiben, Ehefrauen ebenso. Nym-
phomaninnen wollen aufhören rumzuvögeln und Kleptomanen wol-
len das Stehlen aufgeben. Wie viele davon ihre Vorsätze dann auch
in die Tat umsetzen können, das steht freilich auf einem anderen Blatt.
Neujahrsvorsätze haben einiges gemeinsam mit Wahlversprechen von
Politikern: die meisten sind leere Versprechungen. Bei einigen muss
man sagen: leider, bei anderen: zum Glück. Mein Vater gab mal für
kurze Zeit das Rauchen auf, wurde durch den Nikotinentzug dannn
aber so unleidlich, dass wir ihn baten, damit wieder anzufangen.
Und was wäre Bukowski ohne Alkohol oder Dostojewski ohne seine
Spielsucht gewesen? Diese Menschen haben aus ihren Schwächen ihre
Stärken bezogen, indem sie sie zu Literatur verarbeiteten.
Natürlich frage auch ich mich, was ich mir für's neue Jahr für gute Vor-
sätze fassen könnte. Ich bin eher unter- als übergewichtig, Abstinentler
und Nichtraucher- bleibt denn da überhaupt noch etwas übrig? Den
Fleischkonsum habe ich bereits reduziert, zum Vegetarier werden möch-
te ich dennoch nicht gerade, obschon durchaus viele Gründe dafür sprä-
chen. Hemmungen abbauen? Das führt vorwiegend zu Aerger.
Vor zwei Jahren nahm ich mir vor, ehrlicher zu sein. Der Vorsatz
scheiterte daran, dass ich damals im Verkauf arbeitete.
Den Frauen nicht auf die Titten schauen? Wäre vielleicht möglich,
aber schade... Renoir hat mal gesagt, würde es die weibliche Brust
nicht geben, wäre er niemals Maler geworden. Als die Natur die
weibliche Brust schuf, gelang ihr ein wunderbares Kunstwerk.
Mich nicht mehr über schlechtes Wetter ärgern? Das Wetter gehört zu den
Komponenten des Lebens, über die ich mich kaum ärgere.
Vorsätze, mich nicht mehr zu ärgern, wurden mir bisher vor allem von zwei
Dingen vereitelt: den Tücken der Technik und der Dummheit der Mitmen-
schen, inklusive meiner eigenen Dummheit.
Ich denke, ich werde mir wohl auch für nächstes Jahr das gleiche vornehmen,
das ich schon für dieses Jahr vornahm: Ich fasse mir als guten Vorsatz, keine
guten Vorsätze zu fassen.
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