Montag, 26. August 2013

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 26.8.2013

Der Body-Mass-Index, kurz BMI, der anzeigt, ob Jemand unter-, nor-
mal- oder übergewichtig ist, hätte ausgedient, konnten wir diese Woche
in den Zeitungen lesen. Es ist nicht das erste Mal, dass der BMI "totge-
schrieben" wird, und doch hält er sich nach wie vor so hartnäckig in den
Köpfen sowohl von Medizinern als auch von diätwilligen Frauen wie
das eigentlich schon längst nicht mehr unter den Lebenden verweilende
"Idealgewicht." Seit dieses begraben wurde, galt der BMI. Unter 20 galt
als zu wenig, über 25 als zu viel, und über 30 galt als fettleibig. Was da-
bei oft verloren ging, war der Gedanke, dass der BMI vor mehr als 100
Jahren anhand von Messdaten an schottischen Arbeitern entwickelt wur-
de. Die Wenigsten von uns sind schottische Arbeiter, die Lebensumstände
haben sich in diesen wenigen 100 Jährchen geändert, also lässt sich so
eine Messung eigentlich gar nicht auf unsere heutige Zeit übertragen.
Ausserdem, so liessen sich jene verlauten, welche diese Studie zur Ent-
fernung des BMI durchführten, wäre ein bisschen Bauchspeck, zwecks
Reserve in Notlagen, sogar gesund.

Grosses Aufatmen bei den vielen Uebergewichtigen dieser Welt, die bis-
her, meist vergebens, versucht haben, ihre Bäuche loszuwerden. Nun
dürfen sie ihre Bäuche sogar mögen, genüsslich zubeissen und die Wampe
streicheln, schliesslich sorgt sie für Gesundheit. Wenn es so einfach wäre:
Dass eine gewisse Reserve durchaus nicht nur ungesund sein muss, sondern
auch Vorteile haben kann, das wurde schon vor einiger Zeit, in einer sehr
kontrovers diskutierten Studie, herausgefunden. Geändert hat sich dadurch
so gut wie nichts. Jeder Studie zum Trotz werden die Uebergewichtigen
noch immer gehänselt, drangsaliert, schief angeschaut. Der heutige Mensch
soll fit, flexibel, belastbar und schlank sein, so lautet das Motto. Dass da-
bei vor allem jene profitieren, die in der Werbe-, Mode- oder Pharmaindu-
strie arbeiten, das geht dabei gerne vergessen. Wir können nicht alle Models
oder Athleten sein, ebenso wenig wie wir alle Gourmets sein können. Jeder
Mensch, ob dick oder dünn, soll doch so glücklich und zufrieden sein dürfen,
wie er ist und von seiner Umwelt auch so akzeptiert werden. Dass diese
Studien recht haben könnten, das leuchtet doch ein. Doch hier liegt das gros-
se Problem der Wissenschaft: Wissenschaft muss, besser gesagt: will Alles
berechnen können. Ein Index lässt sich berechnen, die Zufriedenheit eines
Menschen hingegen nicht. Dabei wäre es doch durchaus zu begrüssen und
eben auch gesund, wenn wir statt auf den Kopf auch mal auf das Bauchgefühl
hören würden. Guten Appettit.

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