Mittwoch, 19. Februar 2014

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 19.2.2014

                         "Jetzt kommen die Neider und Hasser unter
                          ihren Steinen hervorgekrochen. Aber sie
                          waren schon immer da. Erst hassen sie die
                          Schwarzen, dann die Juden, die Muslime,
                          Homosexuelle, Frauen. Wenn es gesellschaft-
                          lich gar nicht mehr akzeptabel ist, die zu has-
                          sen, suchen sie sich ein neues Ziel. Irgendwen,
                          der anders ist und sie zu der Erkenntnis zwingt,
                          dass sie nicht der Mittelpunkt des Universums
                          sind."
                                   (Camille D'Artigo in "Schwestern des
                                   Mondes", Band 11- "Katzenmond" von
                                   Yasmine Galenorn)

Haben wir es uns mit der EU verscherzt? Ich meine, das muss
doch wohl ein schlechter Scherz gewesen sein, dieses Abstim-
mungsergebnis, oder? Aber wir wollten ja mal wieder nicht
auf die Stimmen der Gemässigten hören, auf diejenigen, die
Bedenken hatten. Nein, stattdessen hörten wir auf die Stimmen
der Treiber, der Hetzer, der Angstmacher. Erinnert das nicht
irgendwie an dunklere Kapitel der europäischen Geschichte?
An die Zeiten, als Bertold Brecht folgende Zeilen schrieb:
                       "Hinter der Trommel her
                         Trotten die Kälber
                         Das Fell für die Trommel
                         Liefern sie selber.".....?
Und nun müssen wir in ganz Europa unsere Entscheidung er-
klären. Das heisst, unsere Politiker müssen dies tun. Eigentlich
sollte jeder Bürger, der für die SVP-Initiative gestimmt hat,
selber vor den Europarat hinstehen und seinen Kopf hinhalten!
Und was haben wir nun davon? Dürfen Menschen, die schon
lange hier sind, aber aus EU-Staaten kommen, weiterhin hier-
bleiben? Dass mich diese Frage besonders beschäftigt, da meine
Freundin Deutsche ist, habe ich an dieser Stelle schon einmal er-
läutert. Das ist aber auch typisch SVP: fängt an zu polarisieren,
schafft es irgendwie, das Volk vom grössten Quatsch zu über-
zeugen, und danach hat doch niemand eine Antwort auf die wich-
tigsten Fragen! Und die Schweiz hat sich wieder mal ins eigene
Fleisch geschnitten! Das können wir Schweizer mittlerweile ja
besonders gut! Europa hat bereits reagiert und Projekte, die ei-
gentlich sinnvoll und gut wären, wie das Studentenaustauschpro-
gramm "Erasmus", auf Eis gelegt. Meine Freundin war selber ein-
mal Teilnehmerin dieses Projekts, dank dem sie eine Zeit lang in
Norwegen studieren konnte. Würde sie heute studieren und wäre
nicht Deutsche, sondern Schweizerin, wäre sie wahrscheinlich
nicht mal bis Papperswil gekommen! Und ausbaden und gerade-
stehen für den Schlamassel muss unser diesjähriger Bundespräsi-
dent Didier Burkhalter, der, als Mann von Welt und nicht Mit-
glied der SVP, gegen diese Initiative war. Immerhin, als gewand-
ter Politiker, der noch dazu welschen Charme hat, konnte er zu-
mindest ein bisschen Boden wieder gutmachen, und Angela Mer-
kel, die deutsche Bundeskanzlerin und zurzeit mächtigste Frau
in Europa, ging nicht ganz so hart mit der Schweiz ins Gericht
wie einige andere deutsche Politiker.

Das spricht sehr für Frau Merkel. Und es spricht auch sehr für
Herrn Burkhalter, denn beide haben Transparenz, Pragmatismus
und Intelligenz bewiesen. Es gehe nun vor allem darum, so Mer-
kel, mit der Schweiz erneut Verhandlungen aufzunehmen, wo-
mit sie die Themen Personenfreizügigkeit und Bilaterale ansprach.
Wäre statt Burkhalter unser letztjähriger Bundespräsident Ueli
Maurer zu dieser Verhandlung gesandt worden, hätte er zwar den
Standpunkt seiner Partei erklären können, hätte mit seiner hölzer-
nen Art aber keinerlei Sympathien gutmachen können, eher im
Gegenteil. Und SVP-Vordenker Christoph Blocher erst, der sich
sogar anerbot, falls dies gewünscht wäre, würde er durchaus diese
Verhandlungen führen. Aber Blocher im Bundesrat, das wurde
schon einmal versucht, und das kam schon damals nicht gut raus.
Und dann meinte er auch noch, die EU wäre nun Bittstellerin,
die Schweiz sässe am längeren Hebel. Das wäre ja ungefähr so,
als würde Albanien den USA erklären, sie hätten Atomwaffen
und wären nun eine Weltmacht, vor der sich die Amis in acht
nehmen sollen! (Eine Szenerie, die übrigens im polit-satirischen
Film "Wag The Dog" durchgespielt wurde, allerdings als Nach-
richten-Fake, um von den Affären des Präsidenten abzulenken.
Der Film kam natürlich zur Clinton-Aera in die Kinos.)
Im Interview mit der deutschen Zeitschrift "Der Spiegel" wurde
Blocher denn auch direkt gefragt: "Leiden Sie an Grössenwahn?"
In der Schweiz würde kein Journalist Christoph Blocher diese
Frage stellen, weil er es nämlich bereits weiss. Der Mann hat
sogar einen eigenen TV-Kanal, auf dem er seine Parolen kund-
tut- wem will er damit nacheifern? Ronald Reagans "Kamin-
gesprächen" am US-Radio? Oder Silvio Berlusconi?  Ich meine,
Blocher und seine SVP waren diejenigen, die gegen einen EU-
Beitritt wetterten und damit dazu beitrugen, dass stattdessen,
da wir, nun mal mitten in Europa liegend, doch nicht ganz ab-
seits stehen können, dass die Bilateralen verhandelt wurden,
als bestmögliche Zusammenarbeit. Die Verhandlungen waren
zäh, und mehrere unserer Magistraten haben sich daran die Zähne
ausgebissen und versucht, das Bestmögliche für unser Land he-
rauszuholen. Und was ernteten sie dafür von denjenigen, die ihnen
dies eingebrockt haben, von der SVP? Hohn, Spott, Häme, nichts
anderes! Kein Dank dafür, dass sie den Standpunkt der Schweiz
durchzusetzen versuchten und Kompromisse auf beiden Seiten ein-
gegangen wurden, gar nichts dergleichen! Nun bin ich durchaus
nicht mit allem einverstanden, was die EU angeht und sehe auch
die Gründe für unsere Nichtmitgliedschaft als teilweise durchaus
berechtigt an, doch sollten wir unsere Magistraten nicht auch ein-
mal loben, statt nur auf ihnen herumzuhacken? Schliesslich machen
wir es ihnen alles andere als einfach, das muss auch mal gesagt wer-
den. Aber die SVP ist natürlich prinzipiell gegen alles, sie war schon
damals gegen die Bilateralen, und nun könnte sie es tatsächlich ge-
schafft haben, Jahrzehnte zäher Verhandlungen mit einem Schlag
zunichte zu machen. All diejenigen, welche zu diesem Abstimmungs-
ergebnis beigetragen haben, sollen sich bitte mal überlegen, ob ihnen
eigentlich bewusst war, was sie damit angerichtet haben! Aber viel-
leicht ist das Resultat ja ungültig, da es als Verstoss gegen das Anti-
Rassismus-Gesetz gelten kann? Der europäische Gerichtshof hat
der Schweiz vor kurzem Rassismus vorgeworfen, und das nicht zum
ersten Mal! Und wer ist wohl schuld daran? Die Schweizerische
VerschandelungsPartei! Die Partei, deren Vordenker wohl zuviel
"Asterix" gelesen hat und sich nun für den Häuptling Majestix hält!

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