Am Samstag machten meine Verlobte und ich eine Führung
durchs Vivarium des Zoos mit. Geführt wurden wir von einer
Biologin und einem Biologen. Zwar hatten wir vor zwei Jah-
ren schon einmal eine solche Vivariumsführung mitgemacht,
doch hatte sich dort inzwischen einiges verändert, so dass es
auch diesmal wieder sehr interessant wurde. Interessanter so-
gar, als beim letzten Mal, denn der Pfleger, der uns damals
führte, war nicht unbedingt der Typ, der besonders viel Aus-
kunft gab. Das war diesmal anders, die beiden Biologen ge-
stalteten die Führung sehr informativ. Die Dame hatte uns
schon einmal geführt, bei einer Vollmondführung im Aussen-
bereich. Diesmal nun also im Vivarium. Wir waren im gan-
zen fünf Leute, die beiden Biologen nicht dazugerechnet, also
eine kleine, überschaubare Gruppe.
Zunächst ging es an den Springtamarinen vorbei zu den Toten-
kopfaffen, die seit Kurzem Nachwuchs haben. Zwei Kinder
sahen wir, an die Mütter geklammert.
"Die Alttiere sind zur Zeit hier alles Weibchen", erzählte uns
die Biologin. "Das Männchen ist nicht hier. Bei den Toten-
kopfaffen wird das Männchen von den Weibchen drangsaliert,
weshalb es unter den Zoos zur Regel geworden ist, dass Männ-
chen weitergereicht werden."
Eines dieser Weibchen kam ganz nah zur Scheibe. "Dieses
Tier", wurde uns erzählt, "wurde aus einem spanischen Puff
gerettet. Leider ist es teilweise immer noch so, dass diese
Affen als Haustiere missbraucht werden. Die Totenkopfaffen
haben auch eine Aussenanlage, die ist aber für die Besucher
nicht einsehbar. Es gibt Zoos, in denen es klappt, Totenkopf-
affen sogar in Freigehegen zu halten, in diesem wurde es ver-
sucht, und es klappte nicht, man weiss nicht recht, weshalb."
Nach den Totenkopfaffen betraten wir die Urwald-Voliere,
in welche die Besucher zu den Tieren hinein können. Wir
waren eine gute Gruppe für so was, nicht zu viele, denn bei
mehr als sieben Personen ist es nicht mehr so angenehm.
Auch für die Tiere. Die Kaiserschnurrbarttamarine, die
vor Kurzem hier einzogen und ihr Revier mit den Spring-
tamarinen tauschten, zeigten sich zwar nicht, die schliefen
bereits, dafür eine Rotstirn-Jassana (ein Wasservogel),
Balistare und, gerade als uns die Biologin von diesem Tier
erzählte, das Kleinkantschil, das kleinste Huftier der Welt.
Das lebende Tier darf man natürlich nicht anfassen, aber
sie hatte ein Fell eines verstorbenen Exemplars dabei, das
wir herumreichen konnten.
Wieder raus aus der Urwald-Voliere, betrachteten wir die
Afrika-Savannen-Anlage, in der vorwiegend Vögel leben,
sowie der von mir gern gesuchte und inzwischen erstaun-
lich oft gefundene Zwerggürtelschweif, eine Echsenart.
"Die Steine in dieser Anlage", wurde uns erzählt, "sind
übrigens künstlich. Echte Steine dieser Grösse wären viel
zu schwer gewesen, um sie hier rein zu bringen."
"Kommen wir nun zum kleinsten Tier im Zoo", sagte die
Biologin, als sie uns zu den Blattschneiderameisen führte.
"Die Ameisen schneiden die Blätter und tragen sie zu
ihrem Bau, wo sich auf den Blättern ein Pilz bildet. Von
diesem Pilz ernähren sie sich. Eine solche Kolonie kann
eine Plantage innerhalb einer Nacht vollständig entblättern."
Weiter ging es zu den Wickelschwanzskinken, reine Ve-
getarier und, obschon Reptilien, lebendgebärend.
Sehr erfreut war ich, dass in der Anlage der Fransenschild-
kröte wieder etwas lebte, allerdings keine Fransenschild-
kröte mehr, diese wäre nämlich gestorben, sondern eine
Alabama-Schmuckschildkröte. Und dann kamen wir zu
meinen Lieblingen: den Stumpfkrokodilen.
"Die Tiere sind ziemlich zahm", erfuhren wir, "der Pfle-
ger kann zu ihnen rein. Sie reagieren auf Schnipp-und
Klickerzeichen, dass sie sich in eine Ecke zurückziehen
und brav sein sollen, und wenn sie mal nicht brav sind,
spritzt sie der Pfleger hinter den Ohren nass, das mögen
sie nicht besonders, dann sind sie wieder brav. Es sind
Stumpfkrokodile, die kleinsten Krokodile, die werden
nicht grösser. Einmal im Monat werden sie gefüttert,
jeweils am 15ten, und zwar mit einem toten Meerschwein-
chen. Mehr brauchen sie nicht."
Vor dem Terrarium des Grünen Nackenstachlers fragte
die Biologin: "Wer hat Lust auf ein Suchspiel?"
Die Pfeilgiftfrösche zeigten sich nicht, doch erfuhr ich
nun endlich, dass sie auch in der Zoohaltung das Gift
verlieren, nicht nur im Heimterrarium. Beim Kongo-
becken wollte uns die Biologin den Elefantenrüssel-
fisch zeigen, doch zunächst sahen wir bloss Kongo-
salmler, bis einer der Anwesenden, das war sogar ich
selbst, doch einen Elefantenrüsselfisch entdeckte.
Beim kleinen Amazonasbecken erzählte sie uns, dass
die Piranhas viel weniger bissig wären, als oft erzählt
wird. Sie zeigte uns sogar den Schädel eines Piran-
has. Dann kamen wir zu den Colorado-Kröten, über
die es,- das war mir neu- in den USA ein Gesetz gibt,
das es verbietet, eine Colorado-Kröte abzulecken. Das
hängt natürlich mit dem Halluzinogen zusammen, das
in der Haut dieser Tiere ist. Ueber die Riesentermiten
erzählte sie uns bewusst nichts, denn der Termitenbau
wäre leer, zur Zeit nicht bewohnt, da das Volk verstor-
ben wäre, man warte auf ein neues Termitenvolk.
Wir passierten die Anlage der Nashornleguane, die
Terrarien der Wandelnden Blätter, das grosse Amazo-
nasbecken mit den riesigen Pacus und den Augen-
fleck-Kammbarschen, die jemand mal scherzhaft als
"Anabolika-Eglis" bezeichnet haben soll. Beim
Korallenriff-Aquarium holte die Biologin erneut et-
was aus ihrer Handtasche, um es uns zu präsentieren
und herumzureichen: das Knochengerüst eines Kalk-
koralle. Wer dies in den Händen hielt, wird sicherlich
nie mehr dem weit verbreiteten Irrtum Glauben schen-
ken, Korallen wären Pflanzen.
Im Mangrovenbecken herrschte gerade Ebbe. Meine
Verlobte hoffte, endlich wieder Schlammspringer zu
sehen, aber leider, so wurde uns erzählt, wären diese
von den Vieraugenfischen gefressen worden. Man
will zwar wieder Schlammspringer hineintun, aber
diesmal grössere Exemplare.
Bei den Klapperschlangen holte die Biologin erneut
etwas hervor: die Klapper einer Klapperschlange.
Die klappert sogar, wenn keine Schlange mehr dran
ist! Eine Klapperschlange konnten wir zwar nicht
berühren, aber als krönenden Abschluss wurde der
an Menschen gewöhnte Netzpython geholt, den
wir halten durften. Dabei erfuhren wir, wo sich das
Geschlechtsorgan der Schlange befindet und dass
nur der kleine Teil hinter diesem den Schwanz der
Schlange bildet. Dann war der Vivariumsrundgang
beendet, und wir machten uns durch die Dunkelheit
auf den Weg zur Busstation, vollbepackt mit vielen
schönen Eindrücken und einigem mehr an Wissen.
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