Freitag, 14. Juni 2013

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 14.6.2013

Vor ungefähr zwei Jahren unternahm ich mit zwei Kollegen, einem Mann und
einer Frau, eine Wanderung auf die Rigi. Wir starteten von einem Parkplatz
im Tal aus, neben dem- tatsächlich!- wilde Stechpalmen wuchsen, und waren
ungefähr fünf Stunden unterwegs. Etwa in der Mitte der Strecke spürte die
Frau, eine sportliche Blondine, dass ihr der Schuh drückte, sie wohl eine Blase
am Fuss hatte. Sie zog die Schuhe aus und wanderte barfuss weiter. Da die
Rigi, obschon von den Schweizern "Königin der Berge" genannt, nicht beson-
ders felsig, sondern zum Grossteil von Wiese bedeckt ist, war ihr dies sogar
möglich.
xixpix:

#XIXPIX
Unterwegs machten wir natürlich hin und wieder mal Rast, einmal auf grasbe-
deckten, grossen Hügelkuppen. Meine Kollegin zeigte sich erfreut, durch mich
zu erfahren, dass in alten Zeiten, als noch Matriarchat, Heidentum und magische
Weltbilder vorherrschten in Europa, solche Hügelkuppen und ähnliche geologi-
sche Formationen als Brüste von Mutter Natur betrachtet wurden. Noch heute
hat sich das Sprichwort "am Busen von Mutter Natur" erhalten, doch haben wir
längst keinen solchen Bezug mehr dazu.
Wir gingen weiter und kamen endlich zu jener Alphütte, in der wir übernachteten.
Meine Kollegen kannten den Alphirten, der Nachtlager, entweder in Betten oder
im Stroh, anbot. Die Frau hatte sogar einmal eine kurze Zeit dort gearbeitet.
Der Alphirte hatte noch ein Zimmer für uns frei, wir bezogen dieses, dann bega-
ben wir uns zur Grillstelle, bewaffnet mit unseren Liedtexten und Instrumenten.
Sie spielte Gitarre, ich Mundharmonika, und wir sangen uns kreuz und quer durch
unser jeweiliges Repertoire. Sie sang sogar einen Song über das Jesuskind, weil
dieser ihr so gefiel, und wurde von den Alpleuten deswegen ausgelacht, denn es
war ja schliesslich Sommer, nicht Weihnachten.
Am nächsten Morgen gab es ein Frühstück, danach ging es an die Abrechnung.
Wir erhielten einen Rabatt, was uns natürlich sehr recht war. Dann machten wir
uns auf den Weg, zunächst auf den Gipfel, auf dem es von Touristen nur so
wimmelte (von denen die meisten aber mit der Bergbahn gekommen waren).
Die Aussicht war zwar grossartig, für mich, meiner Höhenangst wegen, aber
leider nicht ganz so geniessbar wie für die beiden Anderen. Unterwegs zurück
in's Tal- erneut fünf Stunden Wanderung- trafen wir in einem Restaurant, in dem
wir einkehrten, einen weiteren Alphirten, den meine Kollegin noch von früher
kannte. Als wir unten ankamen, waren wir allesammt verschwitzt und müde.
Wir setzten uns in's Auto und fuhren nach Hause. So wie ich gehört hatte, waren
meine beiden Kollegen letztes Jahr erneut dort. Es gibt eben Orte, die haben ir-
gend etwas an sich, dass die Menschen immer wieder dorthin ziehen lässt, ob
dies nun die Rigi, der Vierwaldstättersee, das Matterhorn oder der Moossee
sind... Orte, an denen der Mensch noch Natur erfahren, vielleicht sogar Tiere
beobachten kann. Dort, nicht in den lärmigen Städten, können die Menschen
zur Ruhe kommen. Dort, wo sich Fuchs und Hase noch "Gute Nacht" wün-
schen... bevor der Fuchs den Hasen frisst. Das ist nun mal Natur... und Mutter
Natur kann brutal sein. Aber sie hat einen wunderschönen Busen...

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