Montag, 28. Oktober 2019

Kurzgeschichte: "Freiheit für das Feenreich?"


(Zeichnung von Bluvianna)

Nicht lange, nachdem Dr. Destiny und seine Assistentin
Joy die Fee Anarky besiegen und verbannen konnten,
bekamen sie es bereits wieder mit dem Feenreich zu tun.
Doch diesmal waren es König Oberon und Königin Ti-
tania, die ihre Hilfe suchten. Durch das Dimensionentor
gelangten sie in Destiny Mansion, sehr zum Erstaunen
der Bewohner des Hauses: Dr. Destiny, Joy und Joys
Freund Mark Gordon mit seinem schwarzen Hund Black-
box. Dieser hatte die Eindringlinge zuerst entdeckt und
entsprechend geknurrt.
"Eure Hoheiten", begrüsste Destiny die Feen, als er sie
erkannte. "Was führt euch zu mir?"
"Wir sind keine Hoheiten mehr", sagte Titania, und ihre
Stimme klang bitter.
"Wir wurden gestürzt und ins Exil verbannt", erklärte
Oberon.
"Setzt euch erst mal hin und erzählt uns alles in Ruhe",
meinte Destiny.

"Erinnert ihr euch noch an die abtrünnige Fee Anarky?"
fragte Oberon, als sich alle gesetzt hatten und eine Tasse
Tee vor sich auf dem Tisch hatten. "Ihre Ideen haben
offene Ohren gefunden. Eine Fee namens Liberty hat
unser Volk gegen uns aufgehetzt und einen Putsch or-
ganisiert. Kaum auszudenken, was mit unserem Reich
ohne uns geschehen könnte!"
"Wieso?" fragte Mark. "Was ist falsch daran, Demokra-
tie einführen zu wollen?"
"Feen funktionieren anders als Menschen", antwortete
Titania. "Wir sind Naturgeister und müssen uralten
Gesetzen gehorchen. Werden diese ausser Kraft gesetzt,
geht das Feenreich zugrunde."
"Das verstehe ich nicht", meinte Mark.
"Ich schon", sagte Joy.
"In der Natur steht alles in einem direkten Zusammen-
hang", erklärte Destiny. "Die Hierarchie unter den
Feen aufzuheben, ist so, als ob man eine Ameisenkö-
nigin töten würde. Wir helfen euch."
"Ich nicht", meinte Mark. "Ich bin überzeugt, dass die
Demokratie die bestmögliche Staatsform ist."
"Ich auch", erwiderte Destiny. "Für uns Menschen. Das
soziale Leben im Feenreich ist aber um einiges komple-
xer."
"Noch komplexer?"
"Ich weiss, dass es für die Feen das einzig Richtige ist,
wenn ihr bisheriges System erhalten bleibt. Andernfalls
droht ein gewaltiges Chaos, das auch auf die Umwelt
in unserer Dimension Auswirkungen haben könnte.
Joy, kommen Sie mit?"
"Ich... bin gerade etwas hin und her gerissen", meinte
Joy.
"Verständlich", sagte Destiny. "Plötzlich soll alles falsch
sein, was im Staatskundeunterricht erzählt wurde. Aber
ich denke, dass ich diesen Fall durchaus alleine bewäl-
tigen kann. Vielleicht ist es sogar von Vorteil, wenn Sie
beide hier die Stellung halten, während ich weg bin."
Er öffnete sein Dimensionentor und trat, gemeinsam mit
den beiden Feen, hinein.

Vor dem Thron des Feenreichs stand eine wunderschöne
Fee, umringt von vielen anderen Feen, die ihr zuhörten.
"Die Zeiten der Monarchie sind vorbei", deklamierte sie,
und ihr glänzendes Haar wehte im Wind, als sie sich
erhob, um zu schweben. "Die Feen haben es verdient,
frei leben zu können, ohne die Vorgaben, die ein König
und eine Königin an uns stellen..."
"Was ist das?" unterbrach eine der umstehenden Feen.
Die Frage richtete sich nicht an die Rednerin, sondern
an alle, und es ging auch nicht um den Inhalt der Rede.
Der Grund für diese Frage war die Tatsache, dass ei-
ner der zahlreichen umstehenden Bäume sich einfach
in Luft aufgelöst hatte.
"Es fängt schon an", flüsterte Titania Dr. Destiny zu.

Im selben Moment verschwand auch vor Destiny Man-
sion ein Baum. Weitere folgten, in der ganzen Stadt,
im ganzen Land, auf der ganzen Welt: Bäume, Büsche,
Gräser, sie lösten sich einfach in Luft auf.
"Was ist da los?" fragte Mark, der gerade aus dem Fen-
ster schaute.
"Ich werde das Gefühl nicht los", meinte Joy, "dass das
irgendwie mit unseren Feen zusammenhängt."
"Was macht der alte Knacker für 'nen Scheiss?" knurrte
Mark.
"Ich glaube nicht, dass das am Doc liegt", sagte Joy.

"Wenn die Feen sich nicht mehr um ihre zugewiesenen
Aufgaben kümmern, hören grosse Teile der Natur auf
zu existieren", erklärte Oberon Destiny.
"Liberty!" Titania erhob sich nun ebenfalls und schweb-
te. "Hör auf damit! Merkst du nicht, was du anrichtest?"
Liberty war ganz konfus. Mit jedem Mal, als sie sich
umsah, war wieder ein Baum, Busch oder Strauch ver-
schwunden.
"Was geschieht hier?" fragte sie. "Was ist das für ein
böser Zauber?"
"Dein eigener", antwortete Titania. "Lass es uns dir er-
klären..."

"Was habe ich getan?" fragte Liberty, als Oberon und
Titania ihr alles erklärt hatten. "Ich hatte wirklich ge-
glaubt, eine Welt ohne Monarchie wäre besser, statt-
dessen..."
"Nicht alles, was für die Menschenwelt gut ist, ist dies
auch für das Feenreich", erklärte Oberon.
Titania nahm ihn am Arm. "Komm, mein Gemahl",
sprach sie. "Wir müssen unsere Plätze wieder einneh-
men."

Die Feen waren alle wieder dort, wo sie gebraucht wur-
den. Die Bäume, Büsche, Sträucher und Gräser, alles
erschien wieder, sowohl im Feenreich als auch auf der
Menschenwelt. Es schien, als ob gar nie etwas gesche-
hen wäre.
Destiny trat zuhause aus dem Dimensionentor.
"War's ein harter Kampf?" fragte Mark.
"Gar nicht", antwortete Destiny. "Die Feen konnten das
alleine regeln. Und hier? War etwas Besonderes?"
"Ach, nö, nichts Erwähnenswertes", machte Joy und
zwinkerte Mark verschwörerisch zu.


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