
(Zeichnung von Ammotu)
Bei DC Comics läuft zurzeit das serienübergreifende Crossover-
Event "Das Jahr des Schurken", was heisst, dass einige der
bekannten DC-Schurkenfiguren wohl mal etwas genauer unter
die Lupe genommen werden. Für mich als Comicfan Grund ge-
nug, dieses Jahr mal einige der bekanntesten Schurken aus Co-
mic, Film und Literatur zu analysieren. Klar, das ist eine völlig
subjektive Analyse und keineswegs wissenschaftlich, aber es
könnte durchaus interessant sein. Heute möchte ich mich mit
dem Mann befassen, der im "Jahr des Schurken"-Events eine
wichtige Rolle als Drahtzieher spielt: Lex Luthor.
Während Batmans Gegenspieler der frühen Jahre fast alle Kult-
status erreichten, konnte Superman nie mit einer so illustren
Schurkengalerie aufwarten. Nicht, dass er nicht auch interessan-
te Gegner hätte, aber den Bekanntheitsgrad eines Joker oder
Riddler erreichte nur einer: Supermans Erzfeind Lex Luthor.
Dabei wurde diese Figur, die von Superman-Erfinder Jerry
Siegel und Joe Shuster erstmals 1940 vorgestellt wurde, im-
mer wieder etwas verändert. Es gab Zeiten, da war Luthor
einfach nur ein besonders genialer Verbrecher, dann wurde
er zu einer Art verrücktem Wissenschaftler und erst zuletzt
wurde aus ihm der milliardenreiche Industriemagnat, als den
wir ihn heute kennen. Luthors Intention blieb dabei aber im-
mer dieselbe: Superman zu vernichten, der nur allzu oft sei-
ne Pläne schon durchkreuzt hat... Dabei war Luthor eigent-
lich gar nicht als Erzfeind für den Kryptonier gedacht. Su-
permans erster Erzgegner war ein verrückter Wissenschaft-
ler, der seinen Geist in verschiedene Wirtskörper transpor-
tieren konnte und der sich Ultra-Humanite nannte. Doch
Siegel und Shuster erkannten schon bald, dass in der Figur
des Lex Luthor einiges mehr an Potential schlummerte,
und so bauten sie diese Figur weiter aus. Luthors Vergan-
genheit wurde von verschiedenen Autoren immer wieder
etwas anders geschildert, etwa in Bezug auf die Frage,
ob Luthor und Clark Kent sich schon kannten, bevor
Clark resp. Superman nach Metropolis kam, da beide
in Smallville, Kansas aufwuchsen. Auch nie wirklich
geklärt wurde, ob Luthor seine Eltern umgebracht hat-
te, deren Vermögen er geerbt hatte. Aber es gibt auch
Seiten an Luthor, die immer gleich blieben, etwa sein
überragender Intellekt, seine Skrupellosigkeit und seine
Egomanie. Neuere Interpretationen der Figur, die heu-
te die allgemeingültigen sind, besagen, dass Luthor ei-
nerseits eifersüchtig auf Superman ist, der ihm als "mäch-
tigster Mann in Metropolis" den Rang abgeknöpft hatte,
dass er andererseits auch Angst vor den übermenschlichen
Kräften des Stählernen hat. Es war Luthor, der als Erster
Forschungen an Kryptonit anstellte, dem Material, gegen
das Superman machtlos ist. Und er ist bis heute wohl auch
derjenige, der dieses am häufigsten einsetzt. Luthor war
ausserdem verantwortlich für die Enstehung des ersten
Bizarro, eines bösen Klons des Stählernen. Und doch gab
es Zeiten, als Luthor mit Superman zusammen arbeitete.
Dies war zwangsweise der Fall, als Luthor in den Comics
des DC Universums Präsident der USA war. Und es war
erstaunlicherweise auch der Fall, als Luthor kurze Zeit
Mitglied der Justice League war und sich als Held profi-
lieren wollte. Ausgerechnet der Mann, der als Mitgrün-
der der Injustice League DCs grösstem Heldenteam sein
schurkisches Pendant gegenüberstellte! Da Luthor seine
Intrigen aber nicht lassen konnte, wurde er als Präsident
wieder abgesetzt, und auch die Heldenrolle schien ihm
nicht wirklich zuzusagen. Er wurde erneut zum Schurken,
der es sogar ihn Kauf nahm, für das Erreichen seiner Zie-
le zu sterben und als fast gottgleiches Wesen namens
Apex Lex wiedergeboren zu werden- dies sorgte für den
Start des "Jahr des Schurken"-Events. Man darf gespannt
sein, wie sich Luthor in den Comics weiter entwickelt.
Immerhin machte er auch optisch eine grundlegende Ver-
wandlung durch. Wurde er zuerst mit rotem Haar darge-
stellt, wandelte seine Erscheinung schon bald zu dem
glatzköpfigen Gauner, den wir heute kennen. Tatsächlich
war dem ursprünglichen Luthor eine Ähnlichkeit mit Do-
nald Trump nicht abzusprechen...
Aber betrachten wir uns Luthors Darstellung doch noch in
den Filmen. Immerhin kam Lex Luthor in fast allen Super-
man-Verfilmungen vor. Gene Hackman spielte ihn als Ga-
noven, der gegen Christopher Reeve als Superman antre-
ten musste, Kevin Spacey und Jesse Eisenberg stellten ihn
als den Geschäftsmann dar. Insbesondere Eisenbergs Ver-
sion in "Batman versus Superman: Dawn of Justice" zeig-
te die Angst, die Luthor vor dem Stählernen hat und wes-
halb er auch politisch gegen ihn vorgehen möchte. Eisen-
bergs Darstellung wurde zwar oft als zu verrückt kritisiert,
doch die Geschichte und das Drehbuch zeigten eigentlich
die Essenz, die Luthors Handeln ausmacht besser als die
meisten vorhergehenden Versionen. Luthor ist ein Intrigen-
spinner, er ist ein Egomane, aber-wenn wir mal die "Jahr
des Schurken"-Storyline ausser acht lassen- er ist auch ein
Mensch. Und vielleicht ist es das, was diesen Schurken
ausmacht, er ist ein Mensch, der sich nicht scheut, es mit
einem weitaus mächtigeren Gegner aufzunehmen. Und
daher glaube und hoffe ich, dass die neue Luthor-Version
des gottgleichen Apex Lex nur eine kurze Zwischenstation
sein kann und uns die Autoren bald wieder den "normalen"
Lex Luthor zurückholen werden...
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