Sonntag, 20. Oktober 2019

Aufzeichnungen eines Aussenseiters, 20.10.2019

"Erst die artgemässe Tierhaltung ermöglicht dem
Wildtier im Zoo, sein Verhalten möglichst umfang-
reich auszuleben, und uns Menschen, dieses zu er-
leben." (Bernd Schildger: "Mensch, Tier!")

Der Berner Bärenpark feiert 10jähriges Jubiläum.

Gestern war das Fest zu diesem Anlass, heute fand im
Casino eine Vortragsreihe statt. Diese gingen meine
Partnerin und ich uns anhören.
Den Anfang machte Bernd Schildger, der Direktor des
Tierparks Bern, dem auch der Bärenpark "unterstellt"
ist, über die Geschichte des Bärenparks und der Bä-
renhaltung in Bern.
Danach sprach Peter Schlup, der Leiter des Bären-
parks, und dann das Highlight, das wohl die meisten
der Zuhörenden angelockt haben dürfte: der weltweit
bekannte Bärenexperte Reno Sommerhalder sprach
über die Bären in der Wildnis Kanadas und Russlands
und über die friedliche Co-Existenz von Mensch und
Bär. Einen besseren Anwalt als Reno Sommerhalder
hat der Bär wohl nie gehabt, wie kaum ein Zweiter
setzt der in Kanada lebende Schweizer sich für den
Schutz des Bären und die Aufklärung über dieses
faszinierende Tier ein.
Danach war eine kurze Pause, zeitlich gerade richtig,
denn es war ungefähr Mittagszeit. Meine Partnerin
und ich gingen kurz raus und assen die leckeren
Sandwichbrötchen, die sie mitgebracht hatte.
Nach dem Gang zur Toilette ging es dann bald wieder
weiter. Nun war die Reihe an der einzigen Frau unter
den Vortragenden, Michaela Skuban, Bärenforscherin
aus der Slowakei, einem Land, in dem viele Bären auf
viele Menschen treffen, in dem es zu Konflikten kommt
und indem die Behörden nichts tun wollen, weil sie zu
faul und zu korrupt sind, um Projekte zu unterstützen,
die zum Schutz, der Erforschung oder der Aufklärung
über Bären dienen würden. Frau Skuban hat sich mit
ihrer Arbeit nicht nur Freunde gemacht, hat nicht nur
bei den Behörden, sondern auch in Teilen des Volkes
angeeckt und sogar Morddrohungen erhalten.
Nach diesem Vortrag verliess meine Partnerin die
Veranstaltung, da sich ihr Rheuma bemerkbar
machte. Ich blieb noch dort und hörte mir den
Rest noch an.
Der nächste Redner war Rüdiger Schmiedel, der
Gründer und Leiter der Alternativen Bärenparks im
thüringischen Worbis und in Bad Rippoldsau-
Schapbach im Schwarzwald. Beide Parks wurden
durch die Organisation "Vier Pfoten" und durch
Spenden aus der Bevölkerung möglich gemacht,
und sie sind dazu da, geretteten Bären aus schlech-
ter Haltung ein neues, artgerechteres Zuhause zu
geben, wo sie auch ihre natürlichen Verhaltenswei-
sen ausleben dürfen. Die Geschichten einiger die-
ser Bären zeigt, dass auch in Westeuropa noch eini-
ges mehr in dieser Hinsicht getan werden muss.
Bei aller Ktritik an Osteuropa und den dort noch
immer fehlenden Tierschutzgesetzen, sollten wir
nicht übersehen, dass auch bei uns noch etliche
Gehege in Zoos, und gerade Bärengehege, verbes-
serungsbedürftig sind. In Frankreich und Deutsch-
land gibt es immer noch Bären in Anlagen, wie sie
heute eigentlich nicht mehr zulässig sein sollten;
in Frankreich und Spanien existieren immer noch
tierquälerisch gehaltene und vorgeführte Zirkus-
bären. Auf die Frage aus dem Publikum, wie die-
se Tiere befreit würden, ob dies durch Ankauf
geschiehe, antwortete Herr Schmiedel mit Nein,
denn man wolle ja keinen Markt mit diesen Tie-
ren aufbauen. Die Tiere werden über die Behörden
konfisziert und kommen so nach Worbis oder in den
Schwarzwald. Vergesellschaftet sind sie mit Wölfen-
was auch in einigen Zoos in der Schweiz so gemacht
wird, etwa Arth-Goldau- und mit Luchsen, eine
Seltenheit, die aber, allen kritischen Stimmen zum
Trotz funktioniere, da der Bär vor den Krallen des
Luchses Respekt hat. Es ist also tatsächlich möglich,
alle drei mitteleuropäischen Grossraubtiere in einer
Anlage zu halten, sofern diese gross genug und für
alle Bedürfnisse entsprechend eingerichtet ist. Ich
glaube, dass dieses Konzept durchaus einmal Nach-
ahmer finden wird.
Zum Abschluss sprach noch einmal Bernd Schildger,
diesmal über die Zukuftspläne, die Bern für die Bä-
renhaltung hat. So soll zum einen der Bärenpark er-
weitert werden, der Boden dafür gehört dem Tierpark
bereits, der war schon bei der ursprünglichen Planung
dafür reserviert, doch musste der geplante Platz aus
finanziellen oder bautechnischen Gründen oder bei-
dem- so genau weiss ich das nicht mehr- um ungefähr
die Hälfte reduziert werden. Die andere Hälfte soll
nun doch noch genutzt und für die Bären zugänglich
gemacht werden. Weiter soll im Gantrischgebiet ein
Bärenpark entstehen, der wohl ein wenig auf Worbis
oder Bad Rippoldsau-Schapbach als Vorbild schaut,
damit im Kanton Bern auch wieder Jungbären gebo-
ren werden können- und zwar ohne, dass sich irgend-
wann die Frage stellt, wohin diese kommen, wenn sie
aus dem Jugendalter rauskommen. Dieser Plan sorgte
zum Schluss für kritische Fragen aus dem Publikum-
ja, wir durften den Vortragenden auch Fragen stellen
und mit ihnen diskutieren, ein Angebot, das durchaus
genutzt wurde. Auch die Vortragenden waren hier
nicht in allen Punkten einer Meinung, so kam es noch
zu einer kurzen Podiumsdiskussion, zu welcher der
von mir als Mensch sehr geschätzte Pèter Schlup ein
gutes Schlusswort beitrug; "Wir alle arbeiten für das
gleiche Ziel: den Bären, ob in freier Wildbahn oder
in menschlicher Obhut, ein besseres Leben zu ermög-
lichen". Vielleicht ist es nicht wortwörtlich richtig
zitiert, ich hatte nicht mitgeschrieben, aber es war
100%ig diese Aussage. Und genau solche Menschen,
ob es ein Reno Sommerhalder ist, der den Menschen
wieder Sympathie für und Respekt vor dem Bären
beibringt, ob es eine Michaela Skuban ist, die sich,
widrigsten Umständen zum Trotz, für ein in ihrer
Heimat eher verhasstes Wildtier einsetzt, oder ob es
Zoodirektoren wie Bernd Schildger und sein Bären-
parkleiter oder ein Mann wie Rüdiger Schmiedel,
der sein Projekt zwar nicht als Zoo bezeichnet, der
aber mit Tieren in menschlicher Obhut einiges zu
deren Schutz bewirkt... sie alle werden gebraucht.
So wie die Natur den Bären, den Luchs und den
Wolf braucht, ob dies dem Menschen nun in den
Kram passt oder nicht...Brumm!

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